Pflanzenzüchtung und damit auch die Apfelzüchtung ist einfach und anspruchsvoll zugleich. Wir zeigen den Vorgang am Beispiel des Apfelbaums. Apfelblüten sind zwittrig, Selbstbestäubung funktioniert allerdings nicht. Es braucht also zwei unterschiedliche Sorten und fleissige Postboten, die nur unterwegs sind, wenn das Wetter zum entscheidenden Zeitpunkt mitmacht.
Inhaltsverzeichnis
- Gigantisches Überangebot in der Apfelzüchtung
- Die Kunst der Beschränkung
- Vorbereiten der Bräute
- Zeitpunkt, Systematik – und Glück …
- Blüten im Ballonstadium
- Pollen sammeln
- Organisierte Hochzeit unter dem Schleier
- Biene spielen ist Fleissarbeit
- Fremdbestäubung verhindern
- Geduld, Geduld und nochmals Geduld
Gigantisches Überangebot in der Apfelzüchtung
Pflanzen geizen in der Regel nicht mit ihren Reizen. Im Gegenteil, ihr Drang zur Vermehrung führt zu gigantischer Überproduktion – an Blüten und Pollen. Das allein reicht dennoch nicht, es braucht Überträger, Postboten, die den fremden Pollen auf die Blüten verfrachten: Insekten aller Art! Daraus resultiert jedoch eine völlig unkontrollierte Bestäubung, welche die genetische Vielfalt in der Natur sicherstellt. In der Züchtung hingegen geht es darum, diese gigantischen Möglichkeiten drastisch zu reduzieren, und nur "erwünschte" Kreuzungspartner zuzulassen…
Die Kunst der Beschränkung
Die Bildstrecke zeigt im Detail, was nötig ist, damit die gewünschten Kreuzungspartner zueinander "finden". Schwierig ist das nicht, aber sehr aufwändig und zeitraubend.
Von den entstehenden Äpfeln werden im Herbst die Kerne gesammelt, im kommenden Frühjahr zur Keimung gebracht und darauf die jungen Pflanzen aufwändigst nach verschiedensten Kriterien selektioniert, ausgepflanzt, laufend beobachtet und zum Blühen und Fruchten gebracht. Der Genuss der ersten Früchte neuer Sorten ist ein erstes Highlight, in der Regel vergehen 3–5 Jahre bis dahin – aber doch erst ein Zwischenergebnis. Bis eine konkrete neue Sorte bereit steht, vergehen meist 10–20 Jahre Entwicklungszeit. Züchtung ist also definitiv kein Sprint, sondern ein Dauerlauf – mit ungewissem Ausgang…
Vorbereiten der Bräute
Um Fremdbestäubung zu verhindern, werden die für die Züchtung ausgewählten Bäume bereits VOR dem Aufgehen der Blüten insektensicher eingepackt.
Zeitpunkt, Systematik – und Glück …
Bei der Apfelzüchtung ist systematisches Vorgehen und Fleiss angesagt, aber wer kann schon behaupten, in derart faszinierender Umgebung arbeiten zu dürfen…
Blüten im Ballonstadium
Sind die Kreuzungspartner festgelegt, sammelt man von Sorte x Blüten im Ballonstadium, die noch nicht von Insekten besucht wurden. So vermeidet man Fremdbestäubung.
Pollen sammeln
Nun biegt man die Blütenblätter zurück, der Blick auf Staubbeutel und Narbe wird frei. Diese schneidet man ab und fängt sie in einem sauberen Becher auf.
Organisierte Hochzeit unter dem Schleier
Züchter Raphael Maier ist unter ein Schutznetz zu Apfelbäumen der Sorte y gekrochen und organisiert nun die Hochzeit…
Biene spielen ist Fleissarbeit
Die zu bestäubenden Blüten brauchen beim Apfel nicht emaskuliert (Staubbeutel entfernen) zu werden. Raphael spielt nun Biene. Er überträgt den fremden Pollen mit dem Pinsel – Blüte für Blüte – auf die Narben.
Fremdbestäubung verhindern
Sind genügend Blüten bestäubt, werden die Schutznetze sorgfältigst geschlossen, denn eine nachträgliche Bestäubung weiterer Blüten durch sich einschleichende Insekten muss verhindert werden.
Geduld, Geduld und nochmals Geduld
Die Schutznetze verbleiben noch einige Zeit, bis die befruchteten Blüten Fruchtansätze zeigen und keine Nachblüten auszumachen sind. Aber danach ist noch lange nicht Schluss…