Es gibt Gärten, die ruhen in sich selber, wollen nicht mehr sein als …eben Gärten. Und in den besten dieser Gärten ruht man dann auch als Besucher in sich selber, nichts führt hinaus, nichts führt die Gedanken weg, man ist überwältigt von den Farben, Strukturen, Pflanzen, Gerüchen. Man ist ganz hier und jetzt.
Und dann gibt es Gärten, die führen einen geradewegs wieder weg, verführen zu Gedanken, zu Höhenflügen, zu Assoziationen. Gärtnerisch meist nicht die ‚besten‘ Gärten, funktionieren sie aber auch dann, wenn die Pflanzen nachlassen, wenn die Blumen und Düfte verblassen, wenn der Gartenhöhepunkt vorbei ist. Sie sind regelrechte Kunstwerke, die über sich hinaus verweisen. Auf was? Ja mindestens darauf, eben Kunst zu sein.
Genau so ein Garten ist der Central Garden im Getty-Center in Los Angeles. Angelegt im Zusammenhang mit dem monumentalen Museumsbau auf einem imposanten Hügel, hatte er von Anfang an die Aufgabe, Kunst zu sein. Ja eigentlich, wenn man den Aufwand, die Technik und Architektur berücksichtigt, ist er fast schon eine Kunstmaschine, eine Kunstinstallation. Die Gärtner, die ihn unterhalten, sind Kuratoren.
Sie hören ein bisschen Skepsis, etwas Distanz aus meinen Worten? Ja, zu Recht, aber ich muss trotz alledem sagen: Der Garten, das Kunstwerk funktioniert, eben auch abseits der Saison, am 20. Oktober, an einem diesigen Herbsttag …
Das erste, was schon in den Innenhöfen des Museums, dann im Garten selber auffällt, sind die Bäume. Bäume im Gegenspiel zur monumentalen Architektur. Bäume, die übergehen in die grandiose Landschaft. Bäume auch, die schliesslich künstlich, zu Kunst werden. So die Baumskulpturen aus Eisen, die den Platz der Einmündung des Wasserstroms in den Sunken Garden kennzeichnen. Baumskulpturen, bewachsen mit Bougainvillea in Farben. Und die Künstlichkeit geht bis ins Detail: Die Eisenstäbe wurden, um das Kunstwerk für die Ewigkeit zu sichern, verzinkt. Und der Rost wurde dann ‚künstlich‘, mit Farbe aufgemalt …
Überhaupt die Einzelheiten, die Strukturen. Beim Durchschlendern ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich mich in Einzelheiten, in Farben und Strukturen verliere. Und dann nur ein kurzes Aufschauen, und der Horizont, die ganze Garten-Architektur vor dem Hintergrund der Millionenstadt, öffnet sich zur Gesamtschau. Gerade von diesem Gegensatz lebt dieser Garten, spielt dieser Garten.
Aber beginnen wir am Anfang, denn dieser Garten ist auch ein Weg. Er beginnt an der Quelle des Wassers, mitten in den Museumsbauten, wo das Wasser entspringt, dann vielleicht 100 m weiter unten neu gefasst wird und in einen Bachlauf mündet, über den der Besucherweg zickzack-weise hinunterführt. Der Bach wird breiter, die Bepflanzung rechts und links ebenso, der Ton des Wassers ändert sich. Und am Ende des Weges, in der Mitte eines Platzes, der von den erwähnten Bougainvillea-Bäumen dominiert wird, fällt ein Wasserfall in den Sunken Garden, ein Azaleenlabyrinth im Wasser. Doch der Tiefpunkt, dieses Labyrinth, das nicht begehbar ist, höchstens vielleicht beschwimmbar, ist nicht der Höhepunkt. Dieser ist, mindestens für mich, der umgebende Rundgarten, auch am 20. Oktober noch lustvoll und lustmachend bis ins Detail. Und darin, gleichsam als Krönung, mindestens im Oktober, einige wunderschöne Granatapfelbäume, voller als voll mit reifenden Früchten. Ich jedenfalls konnte meinen Fotoapparat manipulieren wie ich wollte, er fokussierte wie von selber immer wieder auf … die magischen Bäume und ihre Früchte.
Wie war das noch? Wir haben ja mal in der Schule die Kardinalfrage aller Kunstsinnigkeit gelernt: Was möchte uns der Künstler damit sagen? Ich weiss es nicht, wie bei jedem guten Kunstwerk.
Damit Sie sich ein Bild machen können: Fotostrecken zum Getty-Garden:
Getty: Der Granatapfel
Getty: Der lustvolle Garten
Getty: Der Sunken Garden
Getty: Der Wasserlauf
Getty: Quelle und Fassung
Und die offizielle Website gibt es natürlich auch noch: Getty Garden