So schwer es uns auch fällt: Bei der Züchtung selber wird ja eigentlich vor allem Diversität eliminiert. Ich muss mich für eine Sorte, einen Sortenkandidaten entscheiden, ich muss mich gegen die restlichen 99,9% der Pflanzen entscheiden. Bevor dies aber geschieht, muss Vielfallt, Diversität erst hergestellt werden. Je breiter, desto besser. Und auch je mehr desto besser.
Inhaltsverzeichnis
Das sind ganz kurz gefasst die Gründe, dass wir seit 15 Jahren auch Züchtungsprogramme in England betreiben: Himbeer- und Brombeerzüchtung in Zusammenarbeit mit Niab East Malling und der Züchterin Feli Fernandez. Und seit bald 5 Jahren auch Kartoffelzüchtung in Wales, mit dem erfahrenen Kartoffelzüchter und Phytophthora Spezialisten David Shaw.
Dabei lagern wir aber die Züchtung nicht aus, sondern ergänzen unsere eigenen Programme zu Hause: Sowohl bei Himbeeren/Brombeeren als auch bei den Kartoffeln betreiben wir in Buchs jeweils parallel zu den Aktivitäten in England und Wales intensive Züchtungsprogramme. In der Tendenz machen wir in Buchs eher das Ausgefallene und manchmal schon leicht Verrückte, in England eher Mainstream, aber in so grossen Mengen, dass wir genügend spezielle und auch ganz und gar unerwartete Pflanzenindividuen finden, die manchmal Züchtungsdurchbrüche darstellen. Insgesamt hilft uns neben der schieren Menge der so in unserer Pipeline getesteten Sämlinge auch der manchmal andere Fokus der Partnerzüchter, einen möglichst ganzheitlichen und hoffentlich auch neuartigen Zugriff auf die entsprechenden Züchtungsarten zu gewinnen. Die Selektion von Sortenkandidaten in Wales und Kent machen wir in der Regel selber (bis vor Covid). Letzte Woche gelang es uns, zum ersten Mal seit einem Jahr wieder nach England und Wales zu reisen und einige Tage zu arbeiten.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Sie möchten sicher wissen, was das mit dem komischen Titelbild "Beware of trains" auf sich hat? Aber Sie fragen zu früh, dieses Geheimnis lüften wir erst am Ende des Artikels...
Eindrücke aus der Himbeer- und Brombeerzüchtung
Bild: Exaktversuche mit Himbeerselektionen im Plastiktunnel
Bild: Versuche mit Twotimer Himbeeren, die an den diesjährigen Ruten vor allem an der Spitze fruchten.
Bild: Ertragreiche neue Sortenkandidatin – Ertrag bleibt selbstverständlich auch in der Züchtung für den Hausgarten ein wichtiges Kriterium, aber nicht das Alleinseligmachende.
Bild: Auch Himbeerschönheiten müssen bewundert werden – und gestreichelt.
Bild: Viel schöner können Himbeeren nicht mehr werden.
Bild: Auch das gibt es: Himbeeren mit Schönheitsfehler. Diese Nase ist eben nicht rot…
Bild: Kent, wolkig. Himbeeren und Brombeeren Sämlinge auf dem Feld.
Bild: Brombeerkreuzungen, eingesackt. Da dringt kein fremder Pollen durch.
Bild: Kompakte Brombeerselektion.
Bild: Ähnlich wie bei den Himbeeren scheint es bei den Brombeeren auch einen superkompakten Wuchstyp zu geben, weit unter 50cm. Stay tuned...
Bild: Eine weitere kompakte Selektion von Herbstbrombeeren.
Bild: Ertragreiche Herbstbrombeere, vielleicht zu spät – da werden die Versuche in der Schweiz zeigen.
Bild: Brombeerblüten sind grundsätzlich sehr schön, wenn sie dann noch intensiv rosa und gefüllt werden, wird aus einer simplen Beerenpflanze eine Zier- und Nutzpflanze…
Bild: Ertrag bei Sommerhimbeeren.
Bild: Nebenschauplatz Erstbeeren Züchtung (Lonicera caerulea) – eines der vielen Züchtungshobbies von Feli und mir. Neben der Fruchtqualität, der Reifezeit und dem Geschmack, ist bei Lonicera auch die Gesundheit des Laubs im Sommer und Herbst von entscheidender Bedeutung, wenn sich die Erstbeeren als Gartenpflanzen durchsetzen wollen.
Eindrücke aus der Kartoffelzüchtung
Bild: David Shaw, der Kartoffelzüchter aus Bangor in Wales und Lukas Kobelt: ein Generationenprojekt. Vorne resistente Kartoffelselektionen, ohne einen Hauch von Krautfäule, hinten Standardsorten – tot.
Bild: So können resistente Kartoffelsorten auch nach einem extremen Phytophthora-Jahr aussehen – dazwischen Standardsorten zur Kontrolle.
Bild: Wir haben in 2 Tagen 350 Proben phytophthoraresistenter Kartoffeln geerntet.
Bild: Fast schwarze Kartoffeln. Und meine leserlichste Handschrift.
Bild: Ohne Kommentar...
Bild: Das Tor vom Kartoffelfeld zum Meer. Es befindet sich nur 100m neben dem Kartoffelfeld. Bei Flut auch näher.
Bild: Durchblick im Garten des Züchters und seiner Frau.
Bild: Der Turm. Nein, wir sind nicht im Sissinghurst, sondern im Garten des Züchters und seiner Frau, Lorna. Während David im Boden grub und ein Leben lang die Krautfäule erforschte, baute seine Frau Lorna eigenhändig diesen Turm.
Bild: Lorna Shaw erklärt Lukas , warum sie diesen Turm baute. Warum, wollen Sie wissen? Fragen Sie Lukas ;-)
PS: Wir wollten ja noch erklären, was es mit dem Warnschild zu Beginn des Artikels auf sich hat. Ganz einfach: Das Versuchsfeld von David Shaw befindet sich zwischen einer doppelspurigen Bahnlinie (mit unüberwachtem Bahnübergang) und dem Meer. Das Bild hier zeigt die schöne walisische Bahnlinie… Bevor man das Tor über den Bahnübergang öffnet, muss man der Bahnverwaltung telefonieren, ebenfalls wenn man die Überquerung abgeschlossen hat. Vieleicht stehen ja das Meer und der Bahnübergang sinnbildlich für das Projekt, phytophthoraresistente Kartoffeln mit neuen Qualitätseigenschaften, in allen Farben und Formen zu züchten. Es ist nicht ganz einfach und wird auch nicht ganz ohne Gefahren sein.
Endless gratitude for your work!