Nun werden zweijährige Blumen für das nächste Frühjahr in Schalen ausgesät. Ausserdem gilt es, den Nachwuchs aus dem Sommerblumengarten und vom Balkon zu selektionieren. Denn wenn alles stehenbliebe, wären die Beete am Ende bloss überwuchert.
Meine Garten-Schatztruhe ist wieder zum Vorschein gekommen, hurra! Sie war während Monaten unauffindbar geblieben, und mir wurde ihr Wert erst richtig bewusst, sobald ich sie nicht mehr hatte. In der alten Keksdose aus Venedig bewahre ich all die vielen Samentüten auf, die selber gezogenen Engelbohnen, den weinroten Rucola aus Italien, die diversen Raritäten aus anderen Gärten und all die Seltenheiten, die ich voriges Jahr von der Chelsea Flower Show mitgebracht hatte. Für die meisten Saaten ist es nun natürlich zu spät. Aber eine Reihe Rucola will ich noch starten vor dem Winter, und auch Koriander, salatblättriges Basilikum und diverse Salate sollten es noch schaffen. Besonders geeignet für späte Saaten sind die asiatischen Salatmischungen mit Mizuna, Mibuna und japanischem Senf. Denn diese sind sehr robust und vertragen später im Herbst dann auch etliche Minusgrade. Auch Hirschhornsalat eignet sich bestens, um in einem milden Jahr bis in den Dezember hinein zu ernten. Heuer säe ich meine Salate aus schneckentechnischen Gründen in Balkonkistchen, damit sie im Garten nicht gleich verschwinden. Vor allem aber gilt es nun, die zweijährigen Blumen für nächsten Frühling auszusäen, insbesondere eine gerüschte Stiefmütterchensorte aus England, die dann zwischen meinen Tulpen blühen sollen. Diese säe ich in einem schneckenreichen Jahr wie diesem alle in Schalen, ebenso wie die weissen Vergissmeinnicht, die mir so viel besser gefallen als die blauen. Auch die zweijährigen Bartnelken und den rostigen Fingerhut (Digitalis ferruginea) säe ich jetzt, und ebenfalls in Schalen. Ein Hurra auf den Dachbalkon, wenigstens da sind wir vor den Schleimern sicher! Schneckentechnisch gesehen eignet sich für die Direktsaat im Beet jetzt Feldsalat (Nüssler), der uns ja im Winter bestens schmeckt. Zum Glück haben die Schnecken noch nicht gemerkt, wie lecker der ist, sie verschmähen ihn grundsätzlich.
Ausserdem gilt es nun die Schatztruhe wieder neu zu befüllen. Die reifen Blumensamen ernte ich in Schalen und lege wo möglich die Namensschildchen gleich dazu. Sobald die Samen trocken sind, fülle ich sie in Briefumschläge und schreibe die Sorten an. Einiges ist natürlich nicht mehr sortenecht. Teilweise ist das ärgerlich, manchmal entstehen aber auch eigene Varianten, die ganz ok sind. Die Kosmeen und leider auch die Hornveilchen aber haben bei mir die Tendenz, dass der Nachwuchs mit den Jahren immer kleinblütiger wird. Schade. Da kaufe ich dann nächsten Frühling besser mal wieder neues Saatgut. Zuverlässig sind dafür die Ringelblumen, und auch die King-Henry-Sonnenblumen lassen sich gut über Jahre weiterkultivieren. Beim Schlafmohn versuche ich jeweils, gleich während der Blüte die Stängel der schönsten Farben mit einem Stück Schnur zu markieren. Die verschiedenen Schlafmohn-Sorten haben im Allgemeinen die Tendenz, sich mit den Jahren zu einem dreckigen Rosarot zu mischen. Also suche ich die Rosarotesten, und vor allem auch die grössten Blüten aus. Ausserdem habe ich einen gefüllten paeonienblütigen Schlafmohn in tiefem Blutrot. Diesen versuche ich soweit möglich abseits der rosaroten Mischung zu behalten, damit sie sich nicht kreuzen. Keine einfache Sache, macht aber Spass, über die Jahre den eigenen Schlafmohn zu selektionieren!
Etliches hat sich auch selber ausgesät - zum Teil stärker, als mir lieb sein kann. Die Aquilegien zum Beispiel, deren Nachwuchs einfach überall aufgeht. Da heisst es nun rigoros ausreissen, was zu viel ist. Ich versuche möglichst nur Nachwuchs der fast schwarzen Sorten stehenzulassen, die mir so gefallen. Da ich im Frühsommer das Markieren der entsprechenden Stängel verpasst habe, heisst es nun aber rätseln, und auf gut Glück die Sämlinge ausreissen, die von den gewöhnlichen blauen Sorten stammen dürften. Ueberhaupt ist der Hochsommer eine wichtige Zeit, um dem Garten sein Gesicht für das nächste Jahr zu geben: weg muss, was nicht gefällt oder schlicht zu viel ist, und vermehrt wird, wovon wir in Zukunft gerne mehr hätten.