Hand hoch, wer von Ihnen hat keinen Frauenmantel im Schrank, ups, im Garten, wollte ich sagen. Denn ich bin mir ziemlich sicher, die Meisten, die meisten Frauen, haben Beides.
Dass ich persönlich meinen Frauenmantel im Garten – im Gegensatz zum Frauenmantel im Schrank – wirklich liebe, kann ich, ehrlich gesagt, nicht behaupten. Und trotzdem wächst diese Staude – immer noch von Jahr zu Jahr von mir verschont – in meinem Garten. Warum?
Erstens ist diese Pflanze unheimlich robust und langlebig. Ich habe sie nie gedüngt, vor Jahren fast in den Vollschatten gesetzt und nie umgepflanzt. Sie deckt den Gartenboden wirklich fleissig und zuverlässig grün ab, das muss man ihr lassen. Ab Ende Mai erscheinen dann die ganz passablen grüngelben Blütenwolken. Und es bleibt unter meinen Kletterrosen lange – vom Mai bis August – schön “bewölkt”. Wenn ich dem Frauenmantel nach der Blüte einen Rückschnitt verpasse und alle Triebe fast bis zum Boden kappe, blüht er im Herbst nochmal.
Der wichtigste Grund meiner geduldigen Liebe ist jedoch Tau. Reichlich Tautropfen auf den schön gefalteten grossen Blättern des Frauenmantels, und eine grosse, in der Sonne funkelnde “Schweiss”perle, die in der trichterartig geformten Blattmitte des Frauenmantels fast den ganzen Tag lang liegen bleibt. Lotus des Nordens. Immer wieder renne ich ins Haus und hole mir die Kamera: Weil heute diese Perlen noch schöne, grösser, strahlender, sonniger, klarer, romantischer, fröhlicher als gestern sind. Das ist auch der Grund, warum ich unbedingt über diese Pflanze schreiben wollte. Ich wollte mit Ihnen meine wunderschöne Entdeckung (Frauenmantel = Lotus des Nordens) teilen. Und wie immer – im Laufe des Schreibens – wurde gegoogelt. Ich las, dass der Frauenmantel im Volksmund Himmelswasser und Taurosenkraut genannt wird und mir wurde klar: Die anderen Menschen haben diese wunderschöne Kombination aus Wasser und Frauenmantel auch entdeckt, geliebt, bewundert oder wie Alchemisten des Mittelalters sogar versucht, aus seinen Guttationstropfen künstlich Gold zu gewinnen. Die Staude heisst deshalb auch botanisch so – Alchemilla, “kleine Alchemistin“.
Der Name Frauenmantel rührt angeblich daher, dass die Blätter dem wehenden Mantel einer Frau ähneln. Weitere verheissungsvolle Beinamen für den Frauenmantel gibt es viele: Marienkraut, Mutterkraut, Tauschüsseli, Tränenschön … um nur ein paar zu nennen. In der Naturheilkunde ist der Frauenmantel ein wichtiges Heilkraut, das vor allem bei Frauenleiden eingesetzt wird. Deshalb wird es im Volksmund auch “Fraunhilf” genannt. Bereits im Jahr 1500 erwähnte Hieronymus Brunschwig in seinem kleinen Destillierbuch für das Destillat aus der ganzen Pflanze (Wurzel und Kraut) folgende Anwendung:
Mit einem Tuch auf die Brüste der Frauen auflegen, damit sie “hert und strack” werden.
Am besten ist es, wenn Sie Blüten und Blätter der Alchemilla in verdünnter Form einnehmen. Besonders beliebt ist in diesem Zusammenhang Frauenmanteltee. Für die Zubereitung des Tees übergiessen Sie einen Esslöffel frisches oder getrocknetes Kraut mit 250 ml kochendem Wasser und lassen ihn für 7-10 Minuten ziehen. Bei weiblichen Beschwerden oder als Kur drei- bis viermal täglich eine Tasse trinken. Auch wenn es sich bei Frauenmantel um ein sehr sanftes Heilkraut handelt, sollten Sie von einer Anwendung, die länger als 3 bis 4 Monate andauert, absehen. Aber besser, Sie bleiben gesund und geniessen den Frauenmantel – die Männer auch – ausschliesslich im Beet.