Am 6. März 2015 fand nach der Vorführung des Films ‘The Garden’ in Millers Studio in der Mühle Tiefenbrunnen in Zürich eine Podiumsdiskussion über Urban Gardening statt. Moderiert von Hannes Hug diskutierten folgende Teilnehmer: Simone Brander, Gemeinderätin Zürich; Markus Wittmer von ‘Grün Stadt Zürich’, dem städtischen Gartenbauamt; Daniel Bachmann vom landwirtschaftlichen Ausbildungszentrum Strickhof
Und hier geht?s gleich zu den aufgezeichneten Videos. Die Diskussion fand allerdings in Zürcher Dialekt statt, für unsere Schweizer und alemannischen Leser kein Problem, für unsere deutschen Leser vielleicht auch mal eine Anstrengung wert ;-) Ja so reden sie halt, die Schweizer!
Der Garten über den Gleisen
Urban Gardening und Landwirtschaft
Männliches Gärtnern
Urban Gardening in Zürich
Urban Gardening ist nicht leicht
Von den Mühen des Schrebergärtnerns
Für mich (und für Sie ?) habe ich mir während der Diskussion einige Notizen gemacht, Gedanken, die mir beim Thema ?Urban gardening? teilweise schon länger im Kopf herumgeistern:
Lokal und global
Urban gardening ist, wen wunderts, ein englisches Wort. Die globale Sprache. Aber ?Urban gardening? ist am Ende und in der Praxis eine sehr lokale, eine hyperlokale Angelegenheit: findet hier und jetzt, mit dem Spaten im Boden statt. Vielleicht ist das auch der Grund, dass sich die Diskussionsteilnehmen entschieden haben, trotz meines Wunsches um gemeindeutsche Diskussion im Dialekt zu plaudern. Irgendwie kann ich das auch verstehen: Es fühlt sich komisch an, über etwas von hier gestelzt hochdeutsch daherzureden.
Urban gardening und die Nachahmung
?Urban gardening? hat – nicht nur wegen des Fremdwortes – etwas Nachahmerisches. Man schaut sich in den gediegenen Sesseln des Millers Studio in Zürich Tiefenbrunnen den Film ?The Garden? über den Latinogarten in South Central Los Angeles an, der dem Besitzstreben eines Immobilien-Magnaten zum Opfer fiel. Aber das kann und will man hier ja nicht einmal nachahmen, obwohl auch bei uns ausländische Mitbürger einen schönen (und vielfach besseren) Teil der städtischen Gartenbevölkerung stellen. Oder die ?Essbare Stadt? Andernach sollte so ein bisschen auch in Zürich stattfinden, aber geht halt nicht, weil Zürich ganz anders und viel zu gross (ja so gross auch wieder nicht, aber das wäre ein anders Thema ?). Auf der anderen Seite ist der Urban Gardening-Nachahmungstrieb auch etwas ganz Natürliches: Wo man sich auf unbekanntem, neuem Terrain befindet, nimmt man die Spur der Vorgänger gerne auf. Da gibt es aber immer noch und immer wieder die Schreber-Garten-Bewegung, die sich jetzt vielleicht mit Gemeinschaftsgärten neu erfindet. Oder halt vielleicht doch nicht, weil die Verantwortung aller und die allgemeine Verantwortungslosigkeit leider Gottes sehr häufig sehr nahe beieinanderliegen? Aber das ist jetzt böse gedacht: Wir Gärtner glauben nämlich felsenfest ans Gute im Menschen, und wenn nicht, dann wenigstens in der Pflanze.
Urban Farming
Mir fällt auf, dass sich die Diskussion ums ?Urban gardening? immer ganz schnell in Richtung ?Urban farming?, auf die Landwirtschaft zubewegt. Nie würde jemand auf dem Lande das Gärtnern so schnell mit Landwirtschaft vergleichen oder gar verwechseln. Das sind da zwei verschiedene Paar Schuhe …
Die Entfernung von der Scholle also fördert und fordert geradezu die Wendung zur landwirtschaftlichen Produktion? Man könnte aber diese Tendenz durchaus auch anders interpretieren: In der auf Effizienz und Produktivität getrimmten Stadt gerinnt auch Gärtnern sehr schnell zur Produktionsorgie … Aber das ist dann natürlich auch wieder zu extrem gedacht und vergisst das Augenzwinkern, mit dem der Podiumsteilnehmer Markus Wittmer von seinem männlichen Hochleistungsgarten erzählte.
Am Ende zeigt aber unsere Erfahrung bei Lubera®, dass es sich doch bei Landwirtschaft und Gärtnern um sehr verschiedenen Bereich handelt: Hier, im Garten, wird ein Kontrapunkt gesetzt, da wächst es so langsam, dass ein Büromensch kaum zusehen kann, was wohl genau der gewollte Effekt ist; und dort, in der Landwirtschat, wird eine Produktionsmaschine betrieben, die wohl notwendig ist, um alle unsere Mäuler zu stopfen.
Was ich aber abschliessend noch sagen wollte:
Hört auf zu reden!
Und gärtnert bitte weiter!
Veranstalter der aufgezeichneten Podiumsdiskussion
Homepage des Gartens über den Gleisen