Ich möchte nun von «Kultur» sprechen. Kultur als das, was der Mensch mit der Natur macht. Vielleicht aber auch nur zu machen meint. Die Feige hat sich dem Menschen geradezu aufgedrängt, hat seine religiöse und sexuelle Symbolik infiltriert, ja die menschliche Sexualität im wahrsten Sinne des Wortes überlagert: als Feigenblatt.
Da ist es nicht mehr weit bis zur phallischen Bedeutung, die die Feige und das Feigenholz mit ihrem milchigen Saft auch haben können. Und der Feigengenuss: Die Feige wird mit den Daumen längs in zwei Hälften geteilt, aufgebrochen, dann werden Mund und meist auch die Nase ins feucht-rötliche, maserig strukturierte Fruchtfleisch eingetaucht, um die ganze Köstlichkeit aufzunehmen.
In einigen Kulturen wird auch von Ritualen berichtet, wo der kollektive Genuss, die Lust an der Feige regelrecht zu einem berauschenden Ereignis wird. Wer hat da Lust auf wen? Wer verführt wen? Ist nicht der Mensch selber der grösste Feigensklave? Wenn wir sehen, was der Feige mit ihrer auf List, Tücke und Sex beruhenden Strategie in der kurzen Zeit seit dem Start in Jemen, auf der arabischen Halbinsel gelungen ist, dann können wir eigentlich seufzend und voll Vorfreude auf die nächste frischreife Feige nur das Offensichtliche konstatieren: Die Feige ist auf dem Weg zur Weltherrschaft!
Markus Kobelt
Weitere spannende Feigen-Geschichten finden Sie hier:
Die Geschichte und Biologie der Feige, Teil 1
Die Geschichte und Biologie der Feige: Die Ur-Feige, Teil 2
Die Geschichte und Biologie der Feige: Auftritt Feigenwespe, Teil 3
Die Geschichte und Biologie der Feige: Die Smyrna-Fruchtfeige, Teil 4
Die Geschichte und Biologie der Feige: Die Caprifikation, Teil 5
Die Geschichte und Biologie der Feige: Die Kulturfeige, Teil 6
Wer’s lieber etwas sachlich und botanisch haben möchte, der kann sich noch meinen Beitrag zu den verschiedenen Feigentypen anschauen. Der erklärt schon vieles. Aber halt eben nicht alles.
Ganz kurz und knapp habe ich das Thema “Wie und wo Feigen blühen und befruchtet werden”, in meinem Facebook Live-Video geschildert (speziell über die Feigen geht es ab der 28. Minute):
Meine Quelle: Ira J. Condit, The Fig, Boston USA 1947
Alle Illustrationen in diesem Artikel stammen aus Ira J. Condits grossem Feigenbuch.
Ein große Auswahl an Feigenbäumen finden Sie zudem im Lubera Gartenshop.