Woher kommt eigentlich die Mistel (Viscum album), und was bedeutet dieser giftige Halbschmarotzer? Es gibt im Brauchtum und besonders in der weihnächtlichen Tradition zahlreiche Bedeutungen für den Mistelzweig. Warum genau sollte man sich unter einem Mistelzweig küssen? Warum einen Mistelzweig über die Tür hängen? Und wie war das noch mal mit den Galliern, hatte nicht Miraculix was mit Misteln gemacht? Wozu kann man sie überhaupt brauchen? Stimmt es, dass früher mit Mistelleim Vögel gefangen wurden? Und ist es eigentlich möglich, auf einem alten Baum im eigenen Garten selber Misteln anzusiedeln?
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung: Die Mistel - Brauchtum und weihnachtliche Tradition
Misteln sind Pflanzen, die sich als Halbschmarotzer von Bäumen ernähren und durch Vögel verbreitet werden. Viscum album lässt sich in Ihrem eigenen Garten ansiedeln, indem Sie reife, klebrige Beeren in einen Baumritz einschneiden und mit Moos abdecken. Bei den Kelten hatten Misteln eine mythologische Bedeutung und wurden mit Liebe und Fruchtbarkeit assoziiert. Die Moderne Forschung hat auch ihre medizinischen Eigenschaften, insbesondere in der Krebstherapie, aufgezeigt. Die klebrigen Mistelbeeren haben sogar den Ausdruck "auf den Leim gehen" geprägt, da sie tatsächlich einst verwendet wurden, um Vögel zu fangen.
Misteln werden gerne gesammelt!
Sobald es kalt wird, erwacht das Jäger- und Sammler-Gen in uns Gartenmenschen, dann zieht es uns doch alle mit Körben und Säcken in den Wald, in die Natur hinaus. Tannzapfen, silbergraue Flechten, Stechpalmen, Efeu, und die Ranken der Waldreben, alles mögliche Material tragen wir nach Hause. Nebst den Stechpalmen hab ich es heuer auf die Misteln (Viscum album) abgesehen. Ja, Misteln, diese giftigen Halbschmarotzer, die, üppigen Vogelnestern gleich, in den winterleeren Bäumen hängen, eine saftig grüne Verlockung am wintergrauen Horizont, genau die möchte man jetzt haben, sofort. Man sieht sie von weitem, man begehrt sie, man stapft durch Nebel und Matsch, schaut hinauf, die weissen Beeren der Halbschmarotzer wie schillernde Perlen, und das Laub der Pflanzen von einem matten Grün, oh so immergrün. Man beginnt zu klettern mit klammen Fingern und schweren Schuhen, steigt in die alte Eiche und reisst den Halbschmarotzer aus dem Geäst, wo er sich mit Nährstoffen der Bäume versorgte.
Bild: Eine Mistel kommt selten allein. Wenn es diesen Schmarotzern gefällt, dann besiedeln sie die Bäume in dichten Nesten.
Wie entstehen Misteln? Mistel selber im Garten ansiedeln
Die Mistel ist ein Halbschmarotzer, der Nährstoffe aus dem Holz des Wirtsbaumes saugt. Verbreitet wird die Mistel von Vögeln, die die weissen perlenartig schimmernden Beeren gerne fressen und ihre Samen dann mitsamt Guano-Dünger auf den Zweigen ausscheiden. Wer nicht in fremden Bäumen herumklettern mag, kann die Mistel recht problemlos auch im eigenen Garten ansiedeln. In unserem Shop können Sie verschiedene Obstbäume kaufen, die besonders gut geeinet sind. Man sollte das dann machen, wenn die Mistel Beeren schön reif und klebrig sind, also irgendwann im Winter, und sicher bevor die Mistel Beeren abgefallen, verfault oder sehr wahrscheinlich von den Vögeln komplett aufgefressen sind. Das Vorgehen zum Aussäen von eigenen Misteln ist folgendermassen: Man fügt einen Schnitt in die Rinde des zukünftigen Wirts-Baumes, dann quetscht man ein paar der klebrigen Samen hinein. Idealerweise sollte man dabei Gummihandschuhe tragen, denn seid gewarnt, die schleimige Flüssigkeit in den Mistel Beeren ist extrem klebrig! Damit die Vögel die frisch ausgebrachten Samen nicht gleich wegfressen, sollte die Saat mit einem Stück feuchtem Moos abgedeckt werden. Das Moospolster bindet man mit Schnur am Ast fest. Hier wird die junge Mistel gedeihen und bald Nährstoffe aus dem Ast ziehen. Aber die Misteln brauchen nicht so viel Nährstoffe, als dass es den alten Bäumen schaden würde.
Bild: Misteln sind Schmarotzer, die gern auf alten Bäumen wachsen. Mit etwas Geschick lassen sie sich auch auf einem Baum im eigenen Garten ansiedeln.
Welche Bedeutung hat der Mistelzweig?
Auf Eichen gewachsene Misteln wurden von den keltischen Druiden über alles verehrt, und ihre Wirkung sollte sich dem damaligen Glauben nach vervielfachen, wenn ein göttlicher Blitz in den Wirts-Baum eingeschlagen hatte. Misteln galten als die heiligste aller heiligen Kelten Pflanzen. Ihr schleimiger, milchigweisser und extrem klebriger Saft wurde als das Sperma der Götter betrachtet. Darum galten Misteln auch stets als Symbol der Fruchtbarkeit. Noch heute gibt es im angelsächsischen Raum den weitverbreiteten Brauch, sich unter einem Mistel Zweig zu küssen. Das festigt dem Glauben nach die Liebe, und es soll auch die Empfängnis fördern. Bereits bei den Kelten galt die giftige Mistel als Allheilmittel, das ungeahnte Kräfte verleiht. Das wusste schon Miraculix, der seinen Zaubertrank aus Mistelsaft braute und damit Asterix im Kampf gegen die Römer stärkte. Bei der Mistelernte achteten die alten Kelten übrigens streng darauf, dass die Beeren niemals den Boden berührten, nur so blieben ihre überirdischen Zauberkräfte gewahrt.
Bild: Zu Weihnachten einen Mistelzweig über die Tür hängen und sich darunter küssen, soll die Liebe bestärken.
Die Mistel als Heilmittel in der Moderne
Im 20. Jahrhundert wurde die Wirkung von Mistelpräparaten für die Krebstherapie und zur Behandlung von Herzschwäche und Bluthochdruck entdeckt. Verschiedene Studien konnten antikarzinogene und das Immunsystem stärkende Eigenschaften dieser giftigen Pflanze nachweisen. Misteln (Viscum album) wachsen nicht nur auf Eichen, sondern auch gern in alten Obstbäumen und sehr häufig auf Tannen, wo man sie aber sehr schlecht sehen kann. Einmal habe ich im Wald haufenweise grosse, alte Misteln gefunden auf geschlagenen Tannen, nur leider waren die Vögel schneller gewesen. Ein paar behangene Zweige konnte ich noch retten, die versteckt unter dem Tannengeäst lagen und erst mühsam herausgesägt werden mussten. Wie ich sie wegtransportierte, wurde mir die Redewendung "auf den Leim gegangen" bewusst. Man sagt ja auch "zäher als Mistelleim", und nicht vergebens wird "Viskosität", der Fachbegriff für Klebrigkeit, von der Mistel (Viscum album) abgeleitet. Vogelruten wurden denn auch gern mit Mistelleim bestrichen, das ist natürlich doppelt gemein, weil die Vögel die für uns giftigen weissen Beeren ja so sehr lieben.
Bild: Verlockend wie weisse Perlen leuchten die giftigen Mistelbeeren an den Zweigen. Sie enthalten einen extrem klebrigen Leim. Von daher kommt der Ausdruck "auf den Leim gehen". Früher wurden Zweige mit Mistelleim bestrichen, um damit Vögel zu fangen.