Lesya’s Grossmutter gibt mir immer wieder Rätsel auf. Hat das Einzelenkelkind wirklich gesehen, dass ganze Eier in die Pflanzgrube gelegt wurden, um das Anwachsen zu befördern? Drei an der Zahl? Oder waren’s vielleicht nur zwei?
Zunächst überzeugt natürlich die Asche. Die bringt so ziemlich alles, was eine Pflanze braucht: Phosphor, Kalium, Calcium und sogar Magnesium. Die ganzen Eier aber bereiten mir etwas Kopfzerbrechen. Wie sollten die Eierschalten im Boden mechanisch so zerkleinert werden, dass sich die für Pflanzen interessanten Inhaltsstoffe (wieder Calcium vor allem) aufschliessen?
Natürlich liest man hier und da, man könne und solle zerstossene Ostereierschalen in die Pflanzgrube geben – aber auch da bin ich eher skeptisch. Eher überzeugt mich dann der weitergehende Vorschlag (unter anderem von Karl Ploberger), die Eierschalen in einer alten Kaffeemühle zu zermahlen. Ja, dann kann ich mir das Aufschliessen des Calciums sehr wohl vorstellen.
Aber Eier, ganze Eier? Gekocht oder roh, ist man da versucht zu fragen. Was könnten Cholesterin und Fett den Pflanzen helfen? Ist da Klein-Lesya doch einer Täuschung erlegen – und hat die Pflanzen-Tipps der Grossmutter etwas zu ganzheitlich wahrgenommen: Ganze Eier anstatt zerstossene und gemahlene Schalen?
Wie dem auch sei. Betrachten wir die Düngervorschläge von Lesya’s Grossmutter, so fällt vor allem auf, wie stark Calcium gewichtet ist, das die Eierschalen natürlich dominiert und auch prominent in der Holzasche vorkommt. Eine solche Düngung macht nur bei calciumliebenden Pflanzen Sinn, sicher nicht bei säureliebenden Pflanzen (also nicht bei einer Heidelbeere).
Gut kann ich mir vorstellen, dass es im Garten von Lesyas Grossmutter, die ja als Apothekerin in Bodenchemie bewandert gewesen sein muss, einen eher sauren Boden gab. Da nämlich macht eine Kalkdüngung fast immer und für die meisten Pflanzen Sinn (ausser – wie schon gesagt – für ausgesprochen säureliebende Arten).
Noch etwas fällt auf: Kein Stickstoff, kein N. An was wird da die Grossmutter gedacht haben? Was ist da Klein-Lesya entgangen? Benutzte die Grossmutter etwa stinkende Brennesseljauche? Wohl eher nicht. Viel eher stelle ich mir vor, dass sie ihre Männer nach diversen Getränken und ausgiebigst getrunkenem Schwarzjohannisbeerblätterwein freundlich aber bestimmt darauf hinwies, wo genau im Garten die jungen Pflänzlein stehen ?
Markus Kobelt
PS: Jetzt hat mir unser Hausbiologe Philipp Schneider gerade noch die Pointe zerstört! Schade eigentlich, aber natürlich auch vollkommen richtig. Philipp mailt mir Folgendes:
“Hey Markus,
du schreibst, dass Oma kein N ins Pflanzloch rein hat … aber das ist total falsch. Sie hat Eier reingetan!! Eier bestehen nicht so aus Fett, das ist vor allem Eiweiß! Und wenn Eiweiß in den Eiern langsam zerfällt, also deren Bausteine, die Aminosäuren, von Pilzen und Bakterien aufgespalten werden, wird – ja genau – Stickstoff (Nitrat) frei! Und der steht dann quasi durch die Eier als Langzeitdünger der Pflanze zur Verfügung. Nicht sofort verfügbar, aber eine ganze Weile, denn die Eierschale lässt nur langsam das Gute nach außen dringen …”
Das ist definitiv die Ehrenrettung für die Grossmutter und für das aufmerksame Einzelenkelkind! Und was bleibt mir? Also an den Calciumsegen glaube ich bei nicht zerstossenen Eierschalen weiterhin nicht richtig. Aber das mit den Eiern ist genial: Der erste richtige Langzeitdünger, ergänzt perfekt die Asche. Da bleibt nur zu hoffen, dass sich die Pflanzenwurzeln ob des Faule-Eier-Gestanks nicht vorzeitig abgewendet haben;-)