Übers Schneiden
Ich war 24, und hatte noch nie einen Apfelbaum geschnitten, dafür genügend in mittelalterlichen Handschriften und unzähligen Klassikern geblättert, ja gelesen auch. Aus dem Germanistikstudenten war fast über Nacht ein Obstbauer geworden. Es war Spätherbst, die Ernte war vorbei und 10 ha Obst (vor allem Apfelbäume waren zu schneiden. Vielleicht waren es auch 8 Hektaren, aber es war auf jeden Fall unendlich viel.
Nun ich tat, wie ich es gelernt hatte: Ich kaufte Bücher – übers Bäumeschneiden. Damals gab es noch keine YouTube-Videos, aber ich hatte dafür einen fantastischen Lehrmeister. Als hoher Milizoffizier der Schweizer Armee war er zwar gefühlt mehr im Felde als auf dem Feld, aber vielleicht hatte er deshalb eine ausgeprägte didaktische Begabung. Er erklärte den Mythos des Bäumeschneidens mit einigen Grundlagen, Voraussetzungen, und daraus folgten nachvollziehbaren Regeln. Natürlich war es dann doch auch wieder nicht ganz so einfach, es gab für jede Sorte wieder andere Unterregeln. Stellen Sie sich das Bild vor: Mein drahtiger und kettenrauchender Chef erklärte mir das Schneiden und ich machte mir Notizen, mitten in der Obstanlage, bei fast jedem Wetter, so wie ich es halt gelernt hatte. Mein Chef lächelte duldsam, aber ich ging bald dazu über, die Regeln zu memorieren und dann am Abend aufzuschreiben.
Und dann war er wieder weg, im Militär, oder lernte Italienisch, ebenfalls für seine militärische Karriere. Auch das Wegsein hatte irgendwie System: In der Armee und im Zivilen liess er machen, führte ganz kurz eng, dann am langen Zügel. Ich habe viel von ihm gelernt, und wahrscheinlich sollte ich immer noch mehr von ihm lernen … Jedenfalls war es zu dieser Zeit, dass ich mir zum ersten Mal überlegte, ob die Armee vielleicht doch sinnvoll sei, wenn auch nicht zum vorgesehenen Zweck.
Und dann war ich wieder allein, mit den Notizen, den Büchern, den Bäumen. 20 000 Bäume. Da war auch noch ein cleverer und lustiger Lehrling, der eigentlich viel mehr konnte als ich, aber er kannte halt die Regeln nicht und Bücher las er auch keine. Auch von ihm konnte ich viel lernen. Möglichst so, dass er es nicht merkte.
Und wissen Sie was: Alles ging gut. Die Bäume überlebten nicht nur meinen Schnitt, sie trugen auch wieder reichlich Früchte. Natürlich wusste ich, dass ich unzählige Fehler gemacht hatte. Mein Chef sah wohl noch viel mehr Fehler als ich. Aber er lächelte, zuckte irgendwie mit beiden Schultern (er konnte das wunderbar) und zündete sich eine Zigarette an.
Die Fehler spielten offenbar fast keine Rolle. Und den Rest, den verzeiht der Baum.
Woher die Didaktik von Markus stammt? Jetzt wissen Sie es: Aus der Schweizer Armee. Und hier sind die 11 neusten Videos zum Schneiden, gefilmt und praktiziert im Ippenburger Mundraubgarten:
Wie schneide ich die 2-jährigen Buschbäume?
Wie schneidet man eine ZickZack Maulbeere?
Wie schneide ich eine Säulennektarine?
Wie werden die Kletterrosen Roseasy geschnitten?
Wie werden die einjährigen Schnurbäume geschnitten?
Wie schneidet man einen Vierbeeren Busch?
Wie schneidet man eine Lowberry Brombeere?
Wie wird die Vitaminrose Pirosa geschnitten?
Wie schneidet man Johannisbeerstämmchen?
Schnitt und Spindelerziehung von Stachelbeeren und Johannisbeeren
Wie schneidet man eine Erstbeere?