Als ich vor Jahren zum ersten Mal die gartenbauliche Fakultät einer Amerikanischen Uni besuchte, in Fayetteville, Arkansas, traf ich am Abend, beim Bier in der Microbrewery, die professoralen Kollegen meines Gastgebers. Die hatten ganz vernünftige Fachgebiete wie Obstbau oder Zierpflanzenbau – aber es sollte, so erfuhr ich im Gespräch, sicher nochmals so viele Professoren geben, sozusagen eine Fakultät in der Fakultät. Was die denn machen würden, fragte ich. Die knappe Antwort: Turf, Gras, oder etwas attraktiver formuliert: Golfplatz …
Professoren für Turf? Wen kann es da verwundern, dass es die etwas avantgardistischer veranlagten Gärtnerinnen und Gärtner nach Alternativen verlangt. Und wie es sich für etwas intellektuell veranlagte Gärtner gehört, haben sie gleich eine Allianz und eine Webseite gegründet.
Die Notwendigkeit für die Lawnreform begründen die aufmüpfigen amerikanischen Gärtnerkollegen wie folgt:
- Der saubere amerikanische Rasen verursacht Gewässerverschmutzung mit Düngern und Pestiziden
- Das Gras selber kann für Menschen und (Achtung, noch wichtiger) für Tiere giftig sein.
- Wasserverschwendung durch Bewässerung und Luxuskonsum
- Monokultur, die nichts beiträgt zur Diversität in Fauna und Flora (wildlife)
- Lärmbelastung durch zu häufiges Mähen (hier nicke ich innerlich)
- Übergepflegte Rasenflächen, die nach immer mehr Betreuung rufen, da die Ansprüche ins Unermessliche wachsen und weil sich der Rasen an den Luxus gewöhnt.
Vielleicht ist dem einen oder anderen Leser schon die Schamesröte ins Gesicht gestiegen… Dennoch oder gerade deswegen verfestigt sich in mir die leise Vermutung zur Gewissheit, dass hier wohl eine Überreaktion vorliegt: Rasen, Rasen über alles! versus Tod dem Rasen!
Und für alle, denen immer noch eine leichte Schamesröte im Gesicht steht, weil sie es wagen, weiterhin an perfektem, kurzgehaltenem Grün ihre kindliche Freude zu haben, möchte ich abschliessend Folgendes festhalten: Es ist durchaus nicht so, dass alle Probleme dieser Welt auf… den Rasen zurückzuführen sind.
(Bild: von MichaelPloujnikov (Eigenes Werk) [GFDL CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons