Dr. Dominik Grosse Holtforth
Auf die Frage nach seinem Leistungspensum grinste Dominik schelmisch, verwies auf die frühen Morgenstunden, auf lange organsierte Tage. Irgendwie war es Dominik immer wichtiger, auf die Bedeutung des Fleisses und der regelmässigen Leistung zu verweisen als auf die Vorteile von Begabung und Intelligenz. Dabei konnte er sich aber über seinen Fleiss und die damit verbundene preussische Disziplin auch köstlich und selbstironisch amüsieren, vielleicht ja auch um mich als weniger fleissigen Gesprächspartner etwas zu beruhigen 😉. Wahrscheinlich war diese Schwerpunktsetzung auch eine Folge seiner Lehrer- und Beratungsfunktion an der Hochschule. Gerade Studenten und Auszubildende überschätzen gerne die Vorteile der Begabung und der Intelligenz, die ihnen frei geschenkt worden sind, und unterschätzen den Nutzen, ja die langsame, aber unaufhaltsame und wertschaffende Energie des Fleisses.
Wann also fand Dominik Zeit für seinen Pflanzenblog? Die fast 500 Artikel des Blogs sind in knapp drei Jahren zustande gekommen: 2016 bis zum Tod von Dominik im Oktober 2018. Als ich in den letzten Wochen die Artikel durchgeschaut habe, ist mir die Leistung bewusst geworden: Dominik hat in knapp 3 Jahren fast 500 Artikel geschrieben, ca. jeden 2. Tag einen Artikel, Woche für Woche. Dabei benutzte er die ganz frühen Morgenstunden, die er gerne die Blaue Stunde nannte. Da konnte er dann die Artikel zu seinen geliebten mediterranen Themen schreiben, da gab es noch keine Studenten, keine Anrufe von Lubera, nur den leeren Bildschirm und das Wissen, dass da im Internet unzählige Pflanzenliebhaber nach Informationen suchen.
Neben der Liebe zu Pflanzen, die sich bei Dominik auch in der Fotografie und in seinen Reisezielen zeigte, war natürlich auch sein Beruf und seine Berufung als Lehrer und Professor ein Teil des Antriebs, 'Mein mediterraner Garten' zu schreiben: Wie kann man über das Internet, über Online-Marketing forschen und lehren, wenn man es nicht selber betreibt? Reine Theorie war Dominiks Sache nicht: Vor dem 'Mediterranen Garten' hatte er schon den Blog und Shop 'Meine Orangerie' gegründet, aufgebaut und zu ansehnlichen Umsätzen entwickelt und dann wieder verkauft. Neben der Freude und der Leidenschaft fürs Mediterrane, für Pflanzen, Leben, Essen und Kultur ging es dabei auch um eigene Erfahrungen, wie denn ein Ecommerce-Pflanzenversand funktionieren kann, wie die Kunden online kaufen. Dabei ist das Thema 'Pflanzen' – Dominik und ich haben es immer wieder gemeinsam diskutiert – durchaus spannend, eben weil es einen Grenzfall darstellt. Wie kann es kommen, dass Pflanzen, die ja so sehr aufs Sinnliche, aufs Erlebnis ausgerichtet sind, im vermeintlich neutralen, ja unsinnlichen Umfeld des Internets verkauft werden können? Natürlich sind Pflanzen dabei eher Nachläufer, folgen nach vielen anderen Artikelgruppen, aber auch sie werden von der Ecommerce-Welle erfasst.
Mit 'Mein mediterraner Garten' hat Dominik Grosse Holtforth durchaus einen anderen Ansatz als mit der ‘Orangerie‘ gewählt: Er verzichtet da auf einen Shop – und versucht das unstillbare Informationsbedürfnis der Gärtner- und Pflanzenfreunde zu bedienen. Denn wenn der Warenverkauf generell vielleicht erst zu 20%, bei Pflanzen vielleicht auch nur zu 1-2% ins Internet gewechselt ist, so sind Informationssuche und Informationsangebote längst schon zu 80% im Netz. Und es ist immer wieder überraschend, wie wenig dies von grossen Playern der Pflanzen- und Gartenbranche wahrgenommen wird. Nun ja, Dominik hat es wahrgenommen, dies war auch ein Grund für unsere intensive fachliche Zusammenarbeit. Er war uns vor allem in diesem Bereich (wie werden Informationen im Netz angeboten und wie werden sie konsumiert, und wie gelingt es neben den Lesern auch den übermächtigen Info-Dealer Google zu befriedigen) weit voraus und wir konnten unendlich viel von ihm lernen…
War es also nur die professorale Wissbegierde, die Dominik zu seinen 500 Artikeln bewegte, der Wunsch, selber zu erfahren und zu wissen, was er seinen Studenten vermitteln würde? Nein, Dominik war ein Pflanzenfan, ein Natur Fan, er hat sicher bei weitem mehr botanische Gärten besucht als ich. Dabei behielt er aber immer die Brille des Liebhabers, des Amateurs auf, der eigentlich weiss, dass er nicht ein professionelles Wissen hat und gerade aus diesem Unwissen und aus dieser Unsicherheit heraus die richtigen Fragen stellt und auch die gefragten Antworten recherchiert. Dies macht denn auch einen Reiz seiner Artikel aus: Sie wissen nicht alles, sie versuchen die drängendsten Fragen zu beantworten, und sie kennen den Blickwinkel des Hobbygärtners. Wir Profis sind eigentlich immer viel zu wissend, und aus diesem Wissen heraus verstehen wir in vielen Fällen gar nicht, die wichtigsten Kundenfragen zu beantworten. Bei Dominik kommt dann sicher noch das pädagogische Gespür dazu: Wie muss man etwas erklären, damit es auch verstanden wird.
Im Juli 2018 habe ich mit Dominik in einem langen Gespräch in Köln – im Restaurant daneben verlor die deutsche Nationalmannschaft gerade das wichtigste Spiel - unsere zukünftige Zusammenarbeit, seine Beratung für uns und auch seine Arbeit mit 'Mein mediterraner Garten' diskutiert. Ich habe ihm auch vorgeschlagen, die Seite zu übernehmen und sie dann in unserem Haus zusammen mit ihm weiterzuentwickeln, um die Shop-Möglichkeit zu ergänzen. Nach einer ziemlich langen Bedenkpause lehnte Dominik offen und ehrlich ab: 'Mein mediterraner Garten' war sein Kind, er wollte noch weiter damit spielen, damit lernen, den direkten Kontakt zum Kunden, zum Wissenssucher haben. Und ganz wichtig: Er wollte neben Lehrer, Forscher und Angestellter ganz bewusst auch Unternehmer sein.
Als Dominik dann im Oktober 2018 überraschend verstarb, stand für einen langen Moment auch bei Lubera die Zeit still. So sehr hatten wir uns auf seine Mitarbeit, auf seinen Input verlassen. In fast allen Bereichen des Geschäfts hatte ich immer wieder seinen Rat gesucht, das Marketing hatten wir gemeinsam neu ausgerichtet – und jetzt war Dominik nicht mehr da. Noch heute bald 10 Monate nach seinem Tod gibt es immer wieder Situationen, wo wir uns hier intern ansehen und wissen: Jetzt hätte es ein Telefon mit Dominik gegeben und – nein – er hätte uns nicht gesagt, was richtig gewesen wäre, aber er hätte sicher geholfen, die richtigen Weichen, die richtigen Fragen zu stellen.
Ich bin stolz und auch gerührt, dass wir nun Dominiks Artikel zu seinem Mediterranen Garten in unser Gartenbuch übernehmen können. Er kann die Inhalte nicht mehr weiterentwickeln, wir können es. Das ist ungerecht – aber es ist auch eine Chance und eine Verpflichtung.
Ab sofort finden Sie im Gartenbuch alle 500 Artikel von Dominik aus 'Mein Mediterraner Garten' – und wir versprechen, die mediterranen Inhalte auch kontinuierlich zusammen mit unserem Shop-Angebot weiterzuentwickeln.
Wir sind sicher, dass Dominiks Artikel weiter unzählige Leser finden werden. Dafür danken wir Dominik Grosse Holtforths Familie – und natürlich auch Dominik selber. Er hört sicher zu.
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