Gestern, als mal kurz die Sonne schien, bin ich nach draussen gegangen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Ich stapfte mit dicken Erdstoggeln an den Schuhen über die matschige Fläche, vormals Rasen genannt, Laub und immer noch mehr Erde klebten an meinen Sohlen, und hielt Ausschau nach dem, was von meinen geliebten Pflanzen übriggeblieben war nach diesem nun mal, ach, nicht so idealen Gartenjahr. Der nasse Frühling, der durchzogene Sommer mit faulenden Tomaten und schneckendurchlöcherten Salaten, mit Pak Choi, von denen nur die Stiele blieben, und Blumenkohl, der von innen her verfaulte, bevor er auch nur den Ansatz weisser Röschen bildete. Von den so sorgsam gehegten Frauenschuh-Orchideen war auch nichts mehr zu sehen – ich hoffe nur, die Wurzeln überleben, und nächstes Jahr, ja nächstes Jahr mache ich alles besser. Nächstes Jahr werde ich frühmorgens mit der Taschenlampe auf Schneckenjagt gehen, und darob nicht müde werden, egal wie lange der Monsun anhält. Nächstes Jahr baue ich den Tomaten ein Dach, obwohl ich immer gesagt habe, das sei nicht nötig in unserem normalerweise doch recht freundlichen Klima.
Nächstes Jahr verlegen wir einen Weg aus Steinplatten, zumindest von der Tür bis zum Kompost. Und die Strecke bis zum hinteren Gartentor werden wir auch mit Platten befestigen, um den sumpfigen Durchgang trockenzulegen. Das wäre mal ein Luxus, mit einigermassen sauberen Schuhen von einem Ende des Gartens bis zum anderen gelangen zu können! Nebst minutiösem Schneckenjagen lautet der Hauptvorsatz für 2017 also erst mal: Platten und Sandsäcke schleppen.
Meine Gartenbilanz 2016 passt zur allgemeinen Weltlage: Nicht viel Erfreuliches. Ich schnitt die letzten verfaulten Rosenblüten weg, räumte die Stiele der Tomaten ab – so wenig Tomaten wie 2016 habe ich in meinem ganzen Gartenleben nie gehabt! Nicht einmal die Dahlien wollten recht blühen, und die sonst immer so schönen Petunien sind vor meinen Augen verrottet. Ich riss die Ranken des einen Kürbisses, der meterhoch in den Hibiskus hinaufgewachsen ist und dort recht hübsch geblüht hat, herunter. Leider hat er ausser Blüten nicht viel zustande gebracht, und seine Kollegen waren allesamt frühzeitig von den Schnecken gebodigt worden, so dass ich zu Halloween tatsächlich auf dem Markt einen Kürbis kaufen musste.
Und ich will jetzt gar nicht anfangen zu jammern über die letzten Buchskugeln, die wir schliesslich per öffentliche Grünabfuhr entsorgt haben. Nein über die Buchsbaumzünsler verliere ich kein Wort mehr. Sie alle paar Wochen mit wie auch immer gearteten, giftigen oder biologischen Mitteln zu behandeln, das ist schlicht eine Zumutung. Mir macht das keine Freude. Und am Ende sind die Raupen dann doch wieder da, weil die Falter ja von einem Garten zum nächsten flattern.
Aber so negativ die Gesamtbilanz heuer auch ausfällt, eine Pflanze ist gut gewachsen. Was die Sache aber keineswegs besser macht. Die Wicken nämlich, die haben sich vermehrt wie blöd. Dabei haben wir doch gejätet! Meine Nachbarn und ich haben meterweise Wurzeln ausgebuddelt, es war die reinste Sisyphosarbeit. Und der wilde Efeu fand das nasse Wetter ebenfalls super.
Liebes Christkind, kannst du mir heuer nicht statt Geschenken einen Wunsch gewähren? Nimm mir Wicken und Efeu weg, merci vielmal! Und liebe Freunde, schenkt mir jetzt bloss nicht von dem rosaroten Giftschaum, der speziell gegen Wicken wirken soll. Erstens würde ich auch unter widrigsten Umständen niemals eine so grosse Menge Gift ausbringen, wie nötig wäre, um die Wicken zu bodigen. Zweitens wäre es bei Dauerregen eh sinnlos. Die Wicken sind allemal stärker. Und Efeu muss man eh ausbuddeln.
Und jetzt noch zum Positiven, denn Dauerjammern ist eigentlich nicht so meins. Nach langem Überlegen fische ich doch nur das alte Gärtnermantra aus den Werkzeugkästchen: Nächstes Jahr wird bestimmt alles besser! Und nun hole ich die Lichterketten vom Estrich, besorge mir bei der Burgergemeinde ein grosses Bündel Tannäste, befestige alles mit Kabelbindern am Balkongeländer, und beschliesse dieses unsägliche Gartenjahr mit einem lichten, festlichen Ausblick. Es kann nur besser werden!