Nachdem Ranka Tessin im letzten Teil ihrer dreiteiligen Erd-Saga erzählt hat, wie sie nach langem hin und her endlich die richtige Kübelpflanzenerde gefunden hat, gibt sie diesmal weitere Tipps für das Gärtnern in Töpfen und stellt sich die spannende Frage: Drainageschicht ja oder nein?
Ein prächtiger Container-Garten braucht gute Erde und guten Dünger, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ansonsten wird es nichts mit der Pracht und erst recht nicht mit der Gesundheit der Pflanzen. Aber was braucht eine Kübelpflanze noch? Ja, denkt ihr jetzt, gute Drainage, nicht wahr? Kein Topf im Garten ohne Drainageschicht, so die goldene Regel. Nun ja, nicht mehr bei mir!
Richtig gehört, ich zerbreche keine Tonscherben mehr, um sie in den Boden der Kübel zu legen, ich fülle keine Blähtonkugeln mehr ein oder verwende andere Materialien wie Rindenmulch zur Drainage. Das ist vorbei. Es gibt nur noch eine Schicht trockenes Seegras am Boden, damit die Erde nicht aus den Löchern im Boden des Topfes heraus schwemmt und dann kommt gleich die Fruchtbare Erde Nummer 1 obendrauf. Oh ja, ich sehe, wie ihr jetzt die Augenbrauen hebt und euch fragt, ob diese Schreiberin hier noch bei Gartensinnen ist.
Ja, ist sie, kann ich euch versichern. Nachdem ich jahrelang mit dicken Drainageschichten gearbeitet habe, fiel mir das Umdenken auch schwer, muss ich zugeben. Der Grund war schlicht und ergreifend, dass ich beim Umtopfen immer festgestellt habe, dass der Raum, der den Wurzeln zum Ausbreiten übrig blieb im Topf, einfach zu klein war. Wurzeln wachsen immer stärker, als man denkt. Und da die Wurzeln der einzige Garant für gutes und gesundes Wachstum sind (darüber werden die Nährstoffe für die Pflanzenlieblinge aufgenommen) brauchen sie so viel Platz wie möglich im Topf. UND: Der Bereich über der Drainageschicht war immer nass und leicht matschig, das stellt man beim Umtopfen ganz leicht fest. Von wegen, alles Giesswasser fliesst leicht und easy durch die Drainageschicht hinweg raus aus dem Topf. Nein, ein guter Teil des Giesswassers wird sich immer über der Drainageschicht stauen und in diese nasse, feuchte, kühle Schicht wollen die Wurzeln auch nicht hineinwachsen, bzw. kümmern sie dort und werden mickrig und kränklich.
Ich bohre also in jeden Kunststoff-Topf, den ich kaufe, zusätzliche Löcher in den Boden, fülle eine dünne Schicht Seegras ein (alternativ könnte man ein durchlässiges Vlies in den Boden legen oder auch Kaffeefilter oder ein Stück aus einem Jutesack) und dann kommt die gute Kübelpflanzenerde rein, die die Pflanzen so lieben und in die sie wohlig und genüsslich ihre Wurzeln ausstrecken wollen, um all die "Goodies", die leckeren Nährstoffe, aufsaugen zu können.
Bild: Das Apfelbäumchen Bionda Bella® muss wegen den Wühlmäusen noch auf's Auspflanzen warten
Meiner Erfahrung nach gedeihen alle Pflanzen, besonders die grossen, kräftigen, wesentlich besser in Töpfen ohne extra Drainageschicht. Ich pflanze ja alles, angefangen von Kräutern und Johannisbeeren bis hin zu Apfelbäumen in Kübel. Alles wegen der vermaledeiten Wühlmäuse hier. Sträucher und Bäume bleiben mindestens zwei Jahre im grossen Kübel, meistens sogar drei Jahre, bis die Wurzeln so kräftig sind und sich so gut ausgebreitet haben, dass sie im Freiland überleben können. Diese Pflanzen werden auch nicht umgetopft, die Wurzeln sollen ja nicht gestört werden, sondern einfach nur wachsen und kräftig werden. (Super-)gute Kübelpflanzenerde und viel, viel Platz im Kübel sind also ein absolutes MUSS.
Aber auch Pflanzen, die nicht ausgepflanzt werden irgendwann, wie meine Heidelbeeren, Dahlien, Rosen und Gemüse (Stichwort Ewiges Gemüse) profitieren eindeutig von mehr Wurzelraum im Kübel und von der trockeneren Erde am Boden.
Bild: Hapet Dahlien - bereit zum Auspflanzen
Ich weiss, es fällt euch schwer, dies zu glauben. Aber ich stehe nicht allein da mit meiner Meinung zur künstlichen Drainageschicht. Wenn ihr Näheres zur Theorie dieser zugegebenermassen neuen Denkweise wissen wollt, dann gebt im Internet einfach mal die Stichworte "drainage gravel pots myth" ein und seht, was viele amerikanische Gärtner dazu schreiben. Sie alle berufen sich auf Dr. Lina Chalker-Scott, Professorin an der Washington State University und Mitglied der "The Garden Professors", die eine Untersuchung zur Thematik gemacht hat und ganz klar sagt, eine dicke Drainageschicht schadet mehr als sie nutzt. Linda Chalker-Scott fand heraus, dass eine gute Kübelpflanzenerde und ausreichend viele Drainagelöcher im Behälter vollkommen ausreichend sind.
Ein Wort noch zu Terrakotta-Töpfen: In diese kann man natürlich keine extra Löcher hineinbohren, aber hier lohnt es sich, nach Kübeln Ausschau zu halten, die schon von vornherein viele Abzugslöcher haben und nicht nur eines (was leider viele haben). Das mag ausreichend sein in trockenen Klimazonen wie am Mittelmeer, aber hier bei uns – zumindest in Nordeuropa – braucht es definitiv mehr Abzugslöcher, der Sommerregen lässt grüssen.
Apropos Regen: Auch das Wasser aus der Giesskanne kann zum Problem werden im Kübelgarten, besonders wenn man Plastik-Kübel verwendet. Man neigt dazu, zu "über-giessen". Das ist ein grosses Problem für die Pflanzen. Meist greift man nämlich schon zur Giesskanne oder zum Schlauch, wenn die oberste Schicht trocken aussieht. Aber wenn man sich die Mühe machen würde, den Finger in die Erde zu bohren, wird man sehr schnell merken, dass es tiefer unten immer noch feucht genug ist.
Bild: Die Fruchtbare Erde Nr. 1 für Töpfe & Kübel UND natürlich auch für Pflanzsäcke
Besonders die Fruchtbare Erde Nr. 1 hält die Feuchtigkeit besonders gut durch die enthaltenen Blähtonstückchen. Hier kann man eindeutig Wasser sparen und den Pflanzen etwas Gutes tun, indem man weniger giesst, bzw. immer erst die Fingerpobe macht. Schmutzige Fingernägel haben wir Gärtner eh immer, also rein damit. ;-)
Und auch ein Wort zum Kunststoff: Wenn man Essbares in Töpfen pflanzen will, auch hier auf gute Töpfe achten. Es bräuchte jetzt einen Chemiker, um zu beschreiben, welche Art Kunststoff was beinhaltet und wie schädlich dies alles ist. Tatsache ist, jede Art von Plastik setzt über kurz oder lang Schadstoffe frei, man denke nur an BPA, die berüchtigten Weichmacher. Ich gehe bei der Auswahl der Töpfe so vor: Ich kaufe keine, die flexibler, also relativ weich sind. Der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass bei sommerlicher Hitze im Garten garantiert Weichmacher in die Erde übergehen. Ich bevorzuge dickwandigen, harten Kunststoff und nehme stabile Töpfe von namhaften Herstellern, die in der EU produzieren. Auch dürfen die Töpfe nicht riechen (was z.B. Mörtelkübel oftmals tun, in diese würde ich also keine Lebensmittel pflanzen wollen). Desweiteren nehme ich lieber helle Töpfe für Pflanzen, die ich essen will, da diese sich nicht so stark erhitzen, wie z.B. schwarze Plastiktöpfe und ich hoffe, dass sich somit auch weniger Schadstoffe lösen. Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand und auch ohne entsprechendes Chemiestudium lassen sich Risiken immer minimieren, egal ob im Haus oder im Garten. ;-)
Bild: bereits gepflanzte Paprika und Tomaten in praktischen Pflanzsäcken aus Vlies
Eine ganz andere Topfart hat mich letzen Sommer zum ersten Mal für meine Tomaten, Paprika und Kartoffeln begeistert. Die Rede ist von Pflanzsäcken aus durchlässigem Vliesstoff. Ich hatte bisher immer davor zurück geschreckt, weil sie nicht sondern schön aussehen. Und wenn man sie benutzt, bilden sich auch schnell von aussen sichtbare Kalkränder vom Giessen an den Töpfen. Sie sind also eher keine Fotomodelle, sondern tüchtige Arbeiter mit fleckigem Äusseren nach einer Weile. Aber diese Arbeitstiere der Topf-Welt sind einfach ideal für Gemüse, das nicht in der ersten Reihe stehen muss, sondern auch dezent im Hintergrund des Gartens verweilen kann. Die Drainage in diesen Töpfen ist einfach einzigartig. Da kann man fast nicht über-wässern. Und man kann die Töpfe an den Henkeln einfach herum transportieren, denn auch im gefüllten Zustand sind sie noch leicht genug, um problemlos angehoben zu werden. Das habe ich z.B. mit meinen Tomaten öfters gemacht, wenn Regen drohte, dann wurden sie schnell unters Vordach gestellt. Und Kartoffeln lieben es sowieso SEHR gut drainiert. Diese sind im textilen Pflanzsack sehr üppig gediehen, besser als zuvor in Kunststoff-Kübeln.
Bild: 60 und 30 Liter Pflanzsack - ideal für Kartoffeln und Tomaten
Das Prinzip der Vlies-Pflanzsäcke beruht ja auf dem Prinzip des "Air-Pruning", was so viel wie "Luft-Schnitt" heisst. Es passiert im Vlies-Sack also nicht, was im Kunststoff-Topf geschieht, nämlich, dass die Wurzeln sich im Kreise drehen, also immer länger und länger werden, und sich nur an der Aussenwand des Topfes herumschlängeln. Indem sie immer weiterwachsen, bilden sie keine neuen Seitentriebe aus und an eben diesen kleinen Seitentrieben werden die meisten Nährstoffe aufgenommen. Im luftdurchlässigen Pflanzsack nun stossen die wachsenden Wurzeln an die Aussenhaut, kommen mit Luft in Berührung und schrecken zurück. Wachsen also nicht weiter im Kreis um die Aussenhülle des Behälters, sondern bleiben quasi stehen und bilden Seitenwurzeln. Und je mehr kleine Wurzelspitzen entstehen, desto mehr Nährstoffe werden aufgenommen. Das ist das Prinzip des "Air-Pruning".
Meine letztjährigen Tomaten, Paprika und Kartoffeln haben alle davon profitiert. Alle drei mögen es definitiv nicht, überwässert zu werden und alle zusammen sind letztes Jahr prächtig gediehen, obwohl ich sie krankheitsbedingt so vernachlässigen musste. Auch ohne Dünger, nur in der Fruchtbaren Erde Nr. 1, haben sie äusserst respektable Ernten erbracht. Ich denke, dieses "Air-Pruning" hat sehr gut funktioniert.
Bild: Kartoffelpflanze und Tomate 'Barry's Crazy Cherry' warten noch auf's Auspflanzen - die Paprika geniesst schon wohlig und genüsslich die Fruchtbare Erde Nr. 1
Auch bei diesen neuen, textilen Töpfen gilt: Auf die Herstellerinformationen achten und auch auf die Rezensionen, wenn man z.B. bei dem grossen, bekannten Internetkaufhaus kauft. Finger weg von Billigware, die stinkt. Meine Pflanzsäcke kosteten ein paar Euro mehr als sie billigsten, aber dafür haben sie auch stabile Griffe, die nicht reissen, riechen nach rein gar nichts und sind jetzt im zweiten Gebrauchsjahr noch genauso robust wie im ersten.
Noch ein kleiner Tipp zu den Kartoffeln: Ich habe festgestellt, dass man schnell zu viele pflanzt im Kübel. Das erhöht NICHT den Ertrag. Weniger ist mehr. Ich habe z.B. nur einen Speedpot pro 60 Liter Pflanzsack genommen, das war vollkommen ausreichend, um zahlreiche dicke Knollen auszubilden.
Bild: Fruchtbare Erde Nr. 1 und Kartoffelpflanze werden in den 60 L Pflanzsack gepflanzt
Für normal grosse Tomatenpflanzen und Paprika reicht ein 30 Liter Pflanzsack. Ich habe jedenfalls dieses Jahr noch mehr durchlässige Pflanz-Säcke bestellt und meine Tomaten (an denen ich mich wahrlich überkauft habe) kommen allein schon aus Platzgründen alle in 30 Liter Säcke, gefüllt mit der Fruchtbaren Erde Nr. 1, auch etwas Fruitilizer Saisondünger Plus kommt zum ersten Mal mit rein, und dann werden sie an eine extra vom Göttergatten (unter leisem Protest) gebauten Spalierwand gepflanzt, wo sie dann in die Höhe schiessen können und wachsen können, wie sie wollen (ich weiss, ich werde das Ausgeizen der unerwünschten Triebe aus den Blattachseln nach spätestens zwei Durchgängen wieder genervt aufgeben, also wird es ein undurchdringbarer Tomatendschungel werden). Oder aber sie gehen ein, wenn der Wettergott es nicht gut mit uns meinen sollte im Sommer. Wir werden sehen. Gärtnern bleibt, bei aller Planung und Vorbereitung, doch immer ein Glücksspiel. ;-)
Bild: die vom Göttergatten erbaute Spalierwand für die peruanische Wildtomate
PS: Das Thema Dünger hat mich auch sehr über die Jahre beschäftigt und wenn es euch interessiert, was ich da herausgefunden habe und wie ich damit umgehe in meinem Kübel-Garten, dann könnt ihr euch in Kürze auf einen weiteren Artikel in dieser Reihe freuen.
Super Infos!