So sieht der Rhabarber vor unserem Küchenfenster aus: Rote Stiele, fett-grüne Blätter, etwas zerzaust von Wind und Wetter, und fast schon bereit, ein erstes Mal geerntet zu werden. Jedenfalls beobachte ich jetzt interessiert, wie lange meine Frau der Versuchung der roten Stangen vor dem Küchenfenster widerstehen kann … bis es einen Sonntagsrhabarberkuchen gibt.
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Wir haben den ersten März. Und wir hatten hier, im St. Galler Rheintal, zwischen Bodensee und Alpen, einen mittelmilden Winter, aber doch mit Schnee, etwas Frost, viel Wind und Wetter, aber eben auch mit 2 Wochen Föhn und Temperaturen bis 18 Grad.
Welche Sorte, fragen Sie? Natürlich Livingstone, der Sommer- und Herbstrhabarber, der sich jetzt als Winterrhabarber entpuppt.
Diese Woche war ich im Lubera Mundraubgarten zu Ippenburg, da waren die rosa Vegetationsspitzen von Livingstone auch unverkennbar am Drücken, aber nur 1-2 cm hoch, viel weiter als alle anderen Sorten, aber natürlich nicht zu vergleichen mit dem Livingstone vor unserem Küchenfenster. Der Föhn, der bei uns in diesem Jahr schon mindestens zwei Wochen extrem mildes Wetter verursachte, macht den Unterschied aus. Wohl war es in Norddeutschland overall gleichmässig milder als bei uns, aber es fehlte halt eben der warme Südwind. (Bei 120 Stundenkilometer, mit denen er manchmal an Häusern und Pflanzen rüttelt, würden wir gerne auf die Wärmewirkung des Föhns verzichten und ihn den Grönländern schenken … dazu macht er Kopfweh, mir leider ziemlich häufig)
Aber was heisst das alles nun für unsere neue Rhabarbersorte Livingstone, und für den Gärtner, der Rhabarber pflanzen will?
Erstens: Livingstone reagiert sofort auf milde Temperaturen, die Schwelle, wieder mit dem Wachstum zu beginnen, ist bei ihm viel niedriger angesetzt als bei konventionellen Sorten. Letztlich ist Livingstone wohl ein Jahresrhabarber: Ohne Winter würde er einfach durchwachsen. Dies entspricht übrigens auch genau der Beschreibung der von Luther Burbank vor über 100 Jahren schon gezüchteten Ganzjahresrhabarber.
Zweitens: Damit ist Livingstone perfekt geeignet für die Treiberei. Will man Rhabarber verfrühen, ist neben der grünen und dickstieligen Sorte Early Green vor allem Livingstone angesagt.
Drittens: Die letztlich zu früh entwickelten Triebe halten überraschend viel aus: Leichte Frosttemperaturen, Wind, Wetter, etwas Schnee. Das heisst wiederum, man muss nicht allzu viel Angst um seinen Livingstone haben, wenn er als erster im Haus und Garten den Frühling spürt.
Viertens: An Standorten, wo es im Winter und im Frühling zwischendrin sehr kalt werden kann, ist es trotzdem angebracht, Livingstone etwas vor dem Auswintern zu schützen. Am besten macht man das mit Laub, Kompost, Holzschnitzeln, die die Rhabarberkrone 5-10 cm dick abdecken. Damit schützen wir den Rhabarber nicht primär vor der Kälte, sondern vor der Wärme. Denn die Wärme ist die eigentliche Gefahr, sie verleitet unseren ungeduldigen Rhabarber zum Austrieb, worauf ihm dann die Kälte zum Verhängnis werden könnte.
Fünftens: Rhabarber-Verfrühungshauben, ein schwarzer Kübel oder noch besser natürlich ein stylisches Tongefäss führen zu frühem Wachstum und gleichzeitig schützen sie die Pflanze im Februar bis April vor Wetter- und Kälteeinbrüchen. Der verfrühte Rhabarber ist auch besser geschützt! Also ab in den Garten und gleich einen Versuch machen: Der frühste und erste Rhabarber ist immer der beste Rhabarber.