Wenn die Johannisbeeren alle geerntet sind, falle ich immer in ein Stimmungstief. Aus dem holen mich dann Gott sei Dank die Blaubeeren wieder heraus, bis diese auch abgeerntet sind und dann rettet mich nur noch der Ausblick auf die vielen Äpfel im Herbst. Der Sommer verläuft also in Wellen, je nachdem, was genascht werden kann im Garten. Die schlaue Gärtnerin beugt vor und versucht, eine süsse Autobahn im Garten zu bauen, einen kulinarischen Highway, den man entlangfährt und während der Reise rechts und links erntet und geniesst, bis das Ziel erreicht ist, in diesem Fall der Winter, wo dann das unterwegs Eingemachte und Eingefrorene für psychologische Hilfe herhalten muss.
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Geschmacksstoffe in Beeren wirken antidepressiv
Apropos seelisches Tief: Das kann (in meinem Fall) wirklich durch das Ausbleiben der Beeren verursacht werden (ähnliche Wirkung hat der Kaffee-Entzug bei manchen Menschen), aber wie so oft, die moderne Wissenschaft weiss, was Sache ist. Bestimmte Geschmacksstoffe in den Beeren wirken wie milde Antidepressiva, so sagen neuere Untersuchungen, haben also eine ähnliche Wirkung wie leicht stimmungsaufhellende Medikamente. Die Ursache liegt im hohen Anthocyan-Gehalt der Beeren. Anthocyane sind ein Antioxidant, welches den Beeren die dunkle Farbe gibt und das hilft, im Gehirn Dopamin zu produzieren, das wiederrum Stresserscheinungen vorbeugen oder mildern kann. Heidelbeeren, Erdbeeren und Himbeeren sollen die Liste anführen.
Bild: Heidelbeeren und Echinacea purpurea "Delicious Candy", denn die Hummeln sollen ja auch was zum Naschen haben.
Bild: Gartenfrische Heidelbeeren auf Brombeereis: Geteilt wird nicht! Auch nicht mit vorwitzigen Gartenflamingos!
Schwarze Johannisbeeren wachsen nicht im Labor
Aber ich denke, die Wissenschaftler, die dies untersuchen, konnten in ihrem Grossstadtlabor einfach nicht an Schwarze Johannisbeeren herankommen. Ich glaube kaum, dass hinter dem Labor ein grosser Garten angelegt wurde, sondern vermute, dass die Laboranten in den Supermarkt geschickt wurden, um Beeren einzukaufen. Wo bekommt man in einer Grossstadt schon schwarze Johannisbeeren? Schätzungsweise nirgends. Und falls doch, wohl auch eher nicht zu dem Zeitpunkt, wenn die Versuche in den Laboren starten sollen. Die Vermutung liegt also nahe, dass es sich bei den Versuchsbeeren um Importware gehandelt hat, denn Heidelbeeren, Erdbeeren und Himbeeren gibt es ja erstaunlicherweise fast rund ums Jahr "frisch" zu kaufen, dank globusumkreisender Jumbojets.
Und dann folgt ja die nächste Schlussfolgerung: Wenn Beeren nach so langer Transportzeit noch so gesund sind, was bedeutet das für die Beeren, die wir im Garten anbauen und superfrisch in den Mund stecken können? Man könnte demnach doch getrost davon ausgehen, dass diese "Happy-Pills" einen Warnhinweis benötigen, eine Art Beipackzettel, der vor Überdosierung warnt: "In einigen Fällen sind Glücksausbrüche und euphorische Zustände bei Konsumenten beobachtet worden."
Ewige Jugend durch Beeren?
Ach ja, und habe ich schon erwähnt, dass unsere Glücksbeeren auch im Übermasse über Vitamin C verfügen? Das nimmt erwiesenermassen rapide ab bei Lagerung, also auch hier wäre (im Gegensatz zur Importware) eine Warnhinweis nötig: "Kann zu strafferer und schöner Haut führen." Vitamin C unterstützt nämlich die Kollagenproduktion in der Haut, die für eine nette "Aufpolsterung" sorgt, in meine Alter eine überaus willkommene Nebenwirkung. Und welche Beeren enthalten am meisten davon? Tadaaaa, die schwarzen Johannisbeeren!
Bild: Allein schon der Anblick der Cassissimas von Lubera sorgt für Glücksgefühle.
Alle erwähnten Beeren kurbeln das Immunsystem an, unterstützen eine gesunde Darmflora, können sogar helfen, den Blutzuckerspiegel zu senken (ist bei Blaubeeren untersucht worden, allgemein haben Beeren einen relativ niedrigen glykämischen Index im Gegensatz zu Ananas, Banane und Co.) und sie können sich sogar wohltuend auf die Herzgesundheit auswirken – sagt die Wissenschaft.
Aber wie das bei allen Lebensmitteln so ist, unsere Gesundheit haben wir nur selten im Sinn, wenn wir lecker essen wollen. Das geht mir auch so, weswegen ich aus meinen Beeren oftmals Kuchen und Torten zaubere. Aber dieses Jahr habe ich mich – neben dem tonnenweisen Frischessen – zum ersten Mal auf die Sirup- bzw. Saftproduktion konzentriert. Ich koche ein paar Handvoll Beeren mit etwas Wasser auf, setze nur ganz, ganz wenig Zucker hinzu und drücke alles durch ein feines Küchensieb: Fertig ist der Saft (für Sirup ist er nämlich zu dünn), der dann mit Medium-Mineralwasser an heissen Tagen perfekt den Durst löscht. Und manchmal – wenn Besuch ansteht – wird sogar ein kleiner Cocktail angemischt damit. Man muss ja nicht andauernd 100% gesund leben. 90% reichen, finde ich. 10% sind für Kuchen, Eis und einen kleinen Cocktail reserviert. ;-)
Bild: Skål und Prost: Cassissima-Sirup mit Mineralwasser auffüllen und fertig in der erfrischende Sommercocktail.
Bild: Cherrific-Babette und Cherrfic-Susette Sirup als Basis für Dessertsossen und Drinks
Apropos Kaffee: Den trinke ich auch gerne und das zähle ich NICHT zu den ungesunden Sachen. Unsere schlauen Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass auch dieses köstliche Getränk gegen Stress helfen kann. Das Koffein im Kaffee dockt im Gehirn an die Adenosin-Rezeptoren an und blockiert diese zeitweise. Adenosin ist mitverantwortlich für die körpereigene Müdigkeit und mitverantwortlich für die Entstehung von Stresssymptomen. Das gilt aber nur für bis zu maximal drei Tassen Kaffee über den Tag verteilt.
Der beste Start in den Tag mit Beeren, Hummeln und Kaffee
Nun, die erste Stunde am Morgen ist bei mir immer reserviert für einen kurzen Gartenrundgang. Dieser "Morning-Coffee-Walk" ist doppelt stimmungsaufhellend, einmal durch den Kaffee und einmal durch das Brummen und Summen der Hummeln im Garten, denn diese Bass-Töne wirken auch aufmunternd. Was mich wieder zur Klangtherapie führt. Bevor ihr aber jetzt nach Therapiemöglichkeiten sucht, pflanzt lieber ein paar Beerensträucher, erntet die Beeren, die ihr schon habt, kocht einen Kaffee, macht einen "Early-Morning-Coffee-Walk", solange die Nachbarn noch schlafen (am besten Barfuss um wieder mal Tau an den Füssen zu spüren, googelt doch mal "Earthing" oder "Erdung durch die Natur"), und geniesst ein paar natürliche "Happy-Pills" frisch vom Busch, ganz ohne Beipackzettel und Warnhinweise. Die "Nebenwirkungen" wie Glücksgefühle und Zufriedenheit werden sich sicher umgehend einstellen.
Die Beeren und die (Möchtegern-)Dichterin
Bei Rundgängen wie diesen kommt mir dann oft meine freie Interpretation des berühmten Spruches von Hans-Christian Andersen, dem dänischen Märchenschreiber und Dichter, in den Sinn:
"Leben ist nicht genug", sagte der Schmetterling. "Sonnenschein, Gartenbeeren und eine kleine Hummel gehören auch dazu."