Ja, ich gehe noch immer in Buchhandlungen. Obwohl ich auch viel auf Amazon kaufe. Und ich kaufe noch immer Bücher aus Fleisch und Blut und Papier.
Was ja schon bald etwas Besonderes sein wird: Als ich diesen Sommer in Portland auf dem Flughafen 300 USD Übergewicht zahlte, vor allem – aber nicht nur – wegen der vielen bei Powells Bookstore gekauften Bücher, frage mich doch die Flughafenangestellte allen Ernstes, ob ich mir die Bücher nicht lieber und billiger doch auf den Ipad laden möchte. Das sei eindeutig leichter. Bücher über Züchtung, Edibles, über Obstbau in den USA und einen zweibändigen Schunken über Permakultur. Die vielen Grishams muss ich hier ja nicht erwähnen …
Ich wundere mich bis heute, warum und wie die 2kg Permakultur als Handgepäck bei der Sicherheitskontrolle durchkamen; richtig geworfen wären die Bände viel gefährlicher als ein Schweizer Armeesackmesser.
Aber zurück zum Bücherkauf. Letzten Freitag war ich in Berlin, die Besprechung mit Mittagessen war um 14.00 Uhr fertig und ich hatte die Wahl: sofort nach Hause fahren oder ins Kulturkaufhaus Dussmann. Auch wenn’s meine Lieben zuhause nicht gerne hören: Ich wählte den Ausflug nochmals in die Stadtmitte zum Dussmann. Bücher kaufen ist noch viel schöner als Bücher lesen. Und sicherlich vielviel schöner als eine 700km lange Autofahrt.
Aber dann die Enttäuschung! Gerade wird im Dussmann umgebaut, genau die Gartenabteilung ist aktuell nicht zugänglich. Also keine Gartenbücher. Nach einem Ausflug ins Restaurant am Fusse des imposanten vertikalen Gartens beginne ich dann doch meine Promenade, sozusagen als Flaneur unter unendlich vielen (nicht Garten-) Büchern. Man könnte sich das vielleicht – sorry Dussmann – wie in einem Online-Shop vorstellen. Es war ein Filter eingestellt, der ungefähr so funktionierte: Was finde ich an Gartenliteratur, wenn die eigentlichen Gartenbücher ausgeblendet sind …
Hier sind meine Buchfänge:
Stefano Mancuso, Alessandra Viola: die Intelligenz der Pflanzen
Wir haben uns in zweitausend-plus Jahren anthropozentrischer Weltanschauung dran gewöhnt, Pflanzen knapp oberhalb der unbelebten physischen Welt, aber weit unterhalt des Tier- und Menschenlebens einzuordnen. Aber wer war ganz am Anfang? Die Pflanze oder das Tier? Und machen wir einmal die Weglassprobe: Wer würde überleben, eher Tiere und Menschen ohne die Pflanzen, oder doch eher Pflanzen ohne Tiere und Menschen. Und dann weiter: Was befähigt die Pflanzen, in diese ausserordentliche und nicht wegdenkbare Position zu kommen? Ihre Intelligenz!
Niki Segnit: The flavour Thesaurus
Sie kennen das Gefühl: Man kennt den Geschmack, man weiss genau, was es ist, die Erinnerung zeigt präzise auf einen Punkt, aber man kann ihn nicht benennen. Das Gefühl ist jetzt passé, dank des ‘Flavour Thesaurus’. In einem Geschmack- oder Aromarad sind alle Geschmäcker verzeichnet, nur schon ein Blick darauf kann der Erinnerung auf die Sprünge helfen. Und zu jedem Geschmack gibt es eine kurze, doch ingeniöse Beschreibung, jeweils gefolgt von Unterkapiteln mit Aroma- und Kochkombinationen. Da könnte man vor lauter Lesen glatt aufs Essen verzichten …
Umberto Eco: Die Geschichte der Legendären Länder und Städte
Für einmal ein Sachbuch von Umberto Eco, der eigentlich nicht Romancier, sondern studierter Mediävist ist. Er schreibt hier über die Länder, Orte und Städte, die es eigentlich nicht gibt. Das Paradies, Atlantis, Eldorado, das Schlaraffenland und viele Nicht-Orte mehr. Oder gibt es sie vielleicht doch? Wir haben doch gelernt, dem geschriebenen Wort zu trauen? Wie dem auch sei, nach einigem Schmökern, wieder im Restaurant am Fusse des vertikalen Dussmann-Gartens (Berge wie fast zuhause!) stelle ich befriedigt fest: die meisten dieser legendären Orte sind Gärten oder haben Gartencharakter. Also doch!
Und dann kann ich die 700 km beruhigt nach Hause fahren.