Wenn die Garten-Polizei kommt, muss sie sich warm anziehen. Ranka verteidigt ihre grüne Scholle und bricht eine Lanze für die Freiheit, den eigenen Garten so zu gestalten, wie man es selbst schön findet – und nicht der Nachbar.
Inhaltsverzeichnis
Ihr habt doch bestimmt alle schon von den so genannten "Gärten des Grauens" gehört, nicht wahr? Jeder öffentlich-rechtliche Fernsehsender, der auf der Klimawelle mitschwimmen möchte und so mancher selbst ernannte Garten-Blogger und Garten-YouTuber mit Sendungsbewusstsein und Hang zur Besserwisserei spricht darüber und zeigt ungefragt Beispiele aus dem ureigensten Privatbereich anderer Leute: Deren angeblich ach so grauenvolle Gärten. Es gibt sogar ein Buch mit Bildern von den Vorgärten und Häusern dieser ach so schrecklichen Menschen, die angeblich eine Umweltkatastrophe herbeigärtnern, indem sie ein paar Steine in ihren Vorgarten kippen, und die natürlich genauso kaltherzig und fürchterlich als Mensch sind, weil – nicht wahr – wir sind genauso wie unsere Vorgärten.
Die Zeiten der Freiheit auf der eigenen Scholle sind vorbei
Liebe Meckergärtner, habt ihr nicht genug im eigenen Garten zu tun? Müsst ihr mit dem öffentlichen Zeigefinger auf anderer Leute Gärten zeigen und sie der Umweltkriminalität bezichtigen, nur um euch im Glanze eures eigenen öko-, klima-, und wildkräuterperfekten Gartens zu sonnen?
Lasst uns mal auf den Punkt der selbstgerechten, öffentlichen Aufregung kommen. Worum geht es im Kern? Um Gärten, die anders sind. Nicht mehr und nicht weniger! Es geht nicht um nackte Gartenzwerge oder andere obszöne Kunstwerke, die Passanten aufregen könnten. Nein, es geht um schnöde Steine. Nichts Ungewöhnliches im Garten, oder? Nun, manche von uns haben eben sehr viele davon, so viele, dass kein Rasen zu sehen ist; es ist eben ein Garten voller Steine bzw. Kies, der pflegeleicht sein soll, der als modern verstanden wird und der vielen ganz einfach GEFÄLLT. Schönheit liegt eben im Auge des Betrachters, das war schon immer so und wird immer so bleiben.
Manchmal werden diese Gärten mit in Form geschnittenen Koniferen verziert, manchmal auch nur mit einem Brunnen oder einem Plastik und manchmal auch nur mit einem Blumentopf vor der Tür. "Ja, und?", sagt ihr jetzt? Genau, das wäre die richtige Antwort! Soll doch jeder im Vorgarten machen, was er will. Ist ja schliesslich Privateigentum! Pustekuchen, die Zeiten der Freiheit auf der eigenen Scholle sind vorbei! Es ist modern geworden, sich als selbsternannter Spezialist für Gartenfragen ungefragt zu empören, im Fernsehen, im Radio, auf Instagram und YouTube. Dort prangert man dann diese "Gärten des Grauens" an, weil da nichts lebt, da keine Käfer krabbeln und keine Bienen fliegen, und überhaupt, sorgen die Kies-Vorgärten für eine fürchterliche Erwärmung in den Städten, die dann bald zu unbewohnbaren Orten mit Temperaturen wie in der Wüste Gobi werden können. Oh ja, die Kies-Vorgärten sind eine schreckliche Gefahr und wenn man das Stadtklima und die Stadtbienen retten will, müssen diese verboten werden. Und sie werden es auch! Die Behörden spielen freiwillig mit!
"Was geht das Ganze denn die Behörden an", fragt ihr? Gute Frage, denn eigentlich sollte es die Staatsdiener NICHTS angehen, was ich und du in unserem Vorgarten anpflanzen oder nicht (es sei denn, es wäre Marihuana). Aber falsch gedacht. Es gibt doch tatsächlich (immer mehr) Gemeinden in Deutschland, die das, was sie als Steinwüsten im Neubaugebiet empfinden, verbieten! Jawohl, VERBIETEN, so richtig mit Regeln und Bestimmungen und saftigen Bussgeldern bei Nichteinhaltung! Die Zeiten, wo jeder seinen Garten gestalten konnte, wie er wollte, sind anscheinend endgültig vorbei. Vorbei die Freiheit des Gärtners und die Freiheit der Kreativität auf der eigenen, hart erarbeiteten Scholle. Kunstrasen ade, Kiesgarten ade, nun heisst es: Es muss grün, vielfältig und lebendig sein und all den ökologisch "richtig" denkenden Besserwissern in den sozialen Medien und den Behörden gefallen.
Wer bestimmt im Garten, was gut ist und was nicht?
Atmen wir erstmal tief durch und lassen das eben Gesagte ein wenig auf uns wirken. Einfach mal sacken lassen und überlegen: Was genau ist denn "grün", was ist "lebendig" und wer bestimmt, was "gut" ist im Garten und was nicht? Ist ein kurzgeschnippelter, von sommerlicher Hitze verdorrter Rasen "gut"? Ist eine Hortensie "gut", die keinen Nektar und keinen Pollen spendet? Ist eine kränkliche Rose "gut", die vier verschiedene Insektizide und Herbizide braucht, um überleben zu können? Sind sterile einjährige Blumen "gut"? Und was passiert, wenn ich meinen Rasen verdorren lasse und mal vergesse, die Blumen zu wässern? Kommt dann die Garten-Polizei? Und wer bezahlt die? Na ja, die letzte Frage erübrigt sich wohl, denn bezahlt wird der Kiesgarten-Wahnsinn da, wo er sich ausbreitet, natürlich von unseren Steuergeldern.
Apropos Garten wässern im Hochsommer: Nachdem nun auch dieser Sommer viel zu trocken war (in weiten Teilen Deutschlands zumindest, ich weiss nicht, wie es in Österreich und der Schweíz aussah), überlegen einige Gemeinden auch schon, das Wässern des Gartens in Dürreperioden zu verbieten. Also, bekomme ich erst ein Bussgeld, wenn mein Garten bei Trockenheit zu grün ist (weil ich wässere) und dann ein weiteres Bussgeld, weil mein vertrockneter Garten dann das Stadtklima erwärmt und den Stadtbienen keinen Nektar mehr bietet? Das müssen ja kreative Gesetzestexte werden, die da noch ausgedacht werden müssen. Am besten gleich noch ein paar Beamte einstellen, die das umfangreiche Gesetzeswerk entwerfen, es verwalten und den Denunziationen, äh, Anzeigen, von Nachbarn nachgehen.
Und überhaupt, was machen die Behörden mit den Bussgeldern, die sie erheben beim Verstoss gegen ihre neuen Bestimmungen? Verkehrsinseln begrünen, Parks anlegen und mit Blumen bepflanzen? Wohl kaum, denn eben dieses öffentliche Grün ist in den letzten Jahren doch immer mehr verkümmert und verlottert, weil es der öffentlichen Hand zu teuer war, es entsprechend zu pflegen. Dürfen wir Bürger denn auch Behörden anzeigen, wenn diese ihr eigenes Grün nicht bienen- und klimafreundlich pflegen, sondern Verkehrsinseln einfach zubetonieren statt wie früher Blumen dort zu pflanzen?
Ein jeder kehre doch bitteschön vor der eigenen Haustür
Fakt ist doch, dass alle Regulierungswut irgendwann mal ein Ende haben muss! Spätestens ab meinem Gartenzaun will ich meine Ruhe haben vor der Paragraphenwut des Staates und dem erhobenen Zeigefinger von Gartenbloggern und dem Blitzlichtern der Journalisten. Wenn ich meinen Vorgarten mit Kies zukippen will, dann ist das MEINE Sache, wenn meine Sträucher in der Hitze dort verdorren und es aussieht wie in der Atacama-Wüste, dann ist das MEINE Sache, wenn mein Nachbar "Flohmarktfunde" in seinem Vorgarten stapelt, bis nur noch verrosteter Schrott zu sehen ist, weil er das schön findet, dann ist das SEINE Sache und wenn meine Nachbarin verblichene Plastiktiere dort aufstellt, bis der Rasen nicht mehr zu sehen ist, dann ist das IHRE Sache.
Ich finde alle Gärten schön, egal ob mit Kies, egal ob mit Gerümpel, Plastikblumen oder Kunstrasen. Sie sind schön, weil sie Ausdruck der Individualität eines jeden einzelnen Häuslebauers und –Besitzers sind und wer bin ich denn, zu beurteilen oder gar zu verdammen, was meine Nachbarn mit ihren Vorgärten machen? Das geht mich GAR NICHTS an! Das ist ihre persönliche Freiheit! Und solange dort keine lebensgrossen nackten Gartenzwerge stehen und frivole Dinge treiben, stört mich so rein gar nichts. Und ich denke auch nicht, dass die ganze Welt gleich untergeht und die Städte sich auf 50 Grad erhitzen, wenn jemand nur Kies im Vorgarten hat oder Kunstrasen im Hinterhof. Ein jeder kehre doch bitteschön vor der eigenen Haustür.
Liebe Anprangerer und Kritiker der Kiesgärten: Meint ihr wirklich, dass die nette Omi nebenan, die mit der schweren Kniearthrose, die alleinerziehende Mutter, die keine Zeit hat, neben ihrem Vollzeitjob noch den Garten ökokorrekt zu pflegen, der freundliche Opa, der gerade einen Herzinfarkt überstanden hat, und der sich von seiner schmalen Rente keinen Gärtner leisten kann, dass diese Leute Umweltverbrecher sind und bestraft werden müssen? Sollen sie euch zuliebe ihr Reihenhäuschen verkaufen und in eine Mietwohnung in vierten Stock eines anonymen Hochhauses ziehen, wo sie nur noch – wenn überhaupt – ein Balkon haben? Oh, und was machen wir denn, wenn dieser Balkon nicht ökokorrekt bepflanzt wird? Sind das denn "Balkone des Grauens", die man auch mit Bussgeldern belegen kann? So viele ungeahnte Möglichkeiten!
Hinter der Gartenpforte sollte die Freiheit unendlich sein
Liebe Gartenfreunde, die ihr das hier lest, lasst nicht zu, dass eure Nachbarn so behandelt werden. Morgen könnte es euer Vorgarten sein, über den man die Nase rümpft. Zeiten ändern sich und Geschmäcker auch. Hinter der Gartenpforte sollte die Freiheit unendlich sein, findet ihr nicht auch? So, und nachdem ich mir das alles von der Seele geschrieben habe, werde ich – um meinen Blutdruck wieder runter zu schrauben – in meinen Vorgarten gehen, die Lebensbäume direkt an der Strasse, die seit letztem Jahr nach Schädlingsbefall total vergilbt und tot sind, NICHT absägen, wie geplant, sondern als Mahnmal stehen lassen, als Mahnmal für meine Freiheit auf eigener Scholle, als Mahnmal für alle Gärtner und Vorgärten dieser Welt, als Mahnmal gegen Klimakatastrophe und gegen "Kloogschiedder", die meinen, über meinen Vorgarten bestimmen zu dürfen. Die toten Lebensbäume sind Skulptur, sind ein Aufschrei gegen Ungerechtigkeit und gegen Gartendiktatur. Und gegen Kunst im Garten gibt es doch kein Gesetz, oder? Ich befürchte, falls nicht, wird es bald eines geben – für die Freunde der Gartenbesserwisserei und -Einmischerei wären meine Koniferengerippe im Vorgarten doch sicher ein gefundenes Fressen.
Ihr mögt euch fragen, wie dieser Artikel zu meinem letzten "Pflanzen verbieten – aber ja" zusammen passt. Es passt wunderbar zusammen! Denn mein Garten ist MEINE Sache und solange von ihm keine Gefahr für Nachbar’s Garten ausgeht (keine invasiven Pflanzen, die hinüber wachsen, ihre Samen dort millionenfach erblühen lassen), sollte ich machen dürfen, auf meinem Grundstück, was ich will. Moderne Kunst in den Vorgarten stellen, Gartenzwerge, Sandwüste oder Kieselberge aufschichten. Das alles geht niemanden etwas an! Ich beschränke mich auf MEINEN Garten und meinen Sinn für Schönheit und lasse andere in Ruhe. Das ist der grosse Unterschied. Ich zwinge niemandem etwas auf (durch unerwünschte invasive Pflanzen), sondern pflege meine freiheitlichen Interessen auf einem kleinem Stück Land, dass ich teuer gekauft habe und für das ich viele Steuern zahle. Und ob mein Vorgarten nun grau oder grün ist, sollte niemanden einen feuchten Kehricht scheren. Die persönliche Freiheit hört da auf, wo sie anderen schadet, sagte ich in vorherigem Artikel. Umgekehrt heisst es, wenn ich mit meinen Steinen im Vorgarten meinen Nachbarn nicht schade, gehören sie einfach zu meiner Freiheit dazu.
Finger weg von meinem Garten