Über Ostern war ich mit meiner Familie in der Baumschule in Bad Zwischenahn und als halbe Neu-Norddeutsche haben wir natürlich schon am Ostersonntag die Landesgartenschau in Papenburg besucht.
Norddeutsch
Die Fahrt von Bad Zwischenahn nach Papenburg ging übers flache, doch strukturierte Land, unter einem Himmel, der eindeutig weiter ist als bei uns in der Schweiz. Der Tag war schön, und das heisst in Küstennähe wohl auch … sonnig mit wechselnden Abschnitten, immer ziemlich windig. Alles in allem: Sonntagswetter, aber kein Kaiserwetter. Der Weg zur Gartenschau führt an den gigantischen Werftgebäuden der Firma Meyer vorbei. Damit die erste Erkenntnis, die hoffentlich nicht die letzte sein wird: Aha, darum wohl soll die Gartenschau unter dem Motto 'MS blühende Papenburg' laufen.
Der Park
Das eigentliche Gartenschaugelände ist … jung, mit älteren Baumgruppen, und schön einfach strukturiert. Letzteres hat seine Vorteile: Es gibt einen Rundweg und dazu ein oder zwei Querwege. Dies erleichtert den Besuch: Man will ja nichts verpassen, und mit einem Rundgang, dann nochmals quer durchs Gelände, hat man eigentlich fast alles gesehen. Und vielleicht ist das ein entscheidender Punkt: Es ist ein Park, eine Parklandschaft, die zum Flanieren, zum Spazieren einlädt. Dem sonntäglichen Familienausflug durchaus angemessen! Und dem Himmel, mit den schnell fliehenden Wolken. Nicht ganz passend zur Idylle der norddeutsche Wind. Aber der passt ja wieder zur 'MS blühende Papenburg'.
Die fehlenden Gartenräume
Die Bepflanzungen der Landesgartenschau gestalten die Weiten des Parks, aber sie schaffen keine Gartenräume. Das kann mit den gerade erst spriessenden Frühlingsbepflanzungen zusammenhängen, und vielleicht auch mit dem systematischen Problem jeder Landesgartenschau: Sie findet immer einige Jahre zu früh statt . Aber so ganz überzeugt mich diese Entschuldigung denn doch nicht, die Papenburger Gartenschau kommt mir so vor, als hätte man aus dem PARK nur halbherzig eine GARTENschau gemacht, da er doch eh wieder als Stadtpark enden wird. Es fehlt mir die gärtnerische Verdichtung, das räumliche Erlebnis, es fehlen mir vor allem auch die Kontraste, die Unterschiede. Sorry, auch die Themengärten sind ja (fast) alle irgendwie gleich (darüber mehr weiter unten).
Der Kanal, die Stadt
Die Lage der beiden Gelände der Landesgartenschau, einerseits der Stadtpark, dann, über den Stadtkanal und den begleitenden Flanierweg erreichbar, das zweite Ausstellungsgelände mit der Hallenschau, ist einzigartig. Die Schau wertet die Stadt auf und die Stadt wertet auch die Schau auf. Es wird das Ziel der Verantwortlichen sein müssen, vor allem Ersteres für die Zeit nach der Landesgartenschau anzupeilen. Ich wäre aber kein Gärtner, wenn ich mir nicht wünschen würde, dass in Zukunft das Schaugelände nicht einfach noch mehr verparkt, sondern gezielt in bestimmten Bereichen mit pflanzlichen und gärtnerischen Themen verdichtet wird. Der Park der Gärten in Bad Zwischenahn ist sicher in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel.
Die gartenbauliche Bedeutungssucht
Bei aller österlichen Milde hat mich aber eines dann doch etwas aufgeregt: Nein, es war nicht das Catering, wo nach rekordlangen Wartezeiten definitiv nicht auf dem Teller war, was angeschrieben stand! Es waren auch nicht die natürlichen Grenzen einer jungen Bepflanzung. Es war die offenbar in Deutschland mehr und mehr um sich greifende Gartenbauliche Bedeutungssucht. Ein Garten darf nicht mehr ‚nur‘ ein Garten sein. Ein Gartenrundgang ist eine Fahrt auf der MS Papenburg – und wenn wir dabei hoffnungslos seekrank werden. Der eine Garten soll etwas mit Mathematik, Nautik und Seefahrt zu schaffen haben. In maritimer Konsequenz ist überall blaues Glas en masse ausgeleert und auch Nebelhorn, Lichtsignal und Anker ist je ein Garten gewidmet. Und damit sich auch die kontinentalen Festlandbewohner miteinbezogen fühlen, gibt es natürlich – wie könnte es auch im Zeitalter der politischen Korrektheit anders sein –einen Interkulturellen Garten. Ist denn Garten für sich allein genommen zu wenig? Muss er immer über sich hinausdeuten? Zeigt sich darin letztlich der Minderwertigkeitskomplex des Gartenbaus? Er meint sich andere kulturelle ‚Anker‘ zur Rechtfertigung heranziehen zu müssen, weil er sich noch immer nicht richtig und aus eigener Berechtigung als GartenKULTUR fühlt.
Fazit: natürlich hingehen – und dann in 5 Jahren nochmals
War ich zu kritisch? Verstehen Sie mich nicht falsch! Natürlich sollen Sie da hingehen. Ich würde es auch wieder tun! Und Sie werden mit den Gärten dort und/oder mit mir einverstanden sein, oder auch nicht! Auch letzteres lohnt sich ja, wie nicht zuletzt dieser Artikel zeigt. Was aufregt, regt auch an.
Und noch etwas: Man sollte es zur Kür einer jeder Gartenschau machen, nach 5 Jahren eine Nachschau abzuhalten, um zu zeigen, wie sich entwickelt hat, was vor 5 Jahren nur angefangen war …