Ein bisschen Selbstbeweihräucherung muss auch mal sein! Manchmal fühle ich mich wirklich wie der Prophet im eigenen Land und dann tut so etwas natürlich doppelt gut: Der Redakteur der eigenen Lokalzeitung kündigt sich an, hört zwei Stunden lang geduldig meinen Ausführungen zu, lenkt das Gespräch ruhig und überlegt, und geht dann wieder. Und einige Tage und Wochen später erscheint vor der Haustüre ein wunderschöner Artikel über die eigene Arbeit, und natürlich auch darüber, wie der Schreibende den Redenden beim Interview verstanden hat - oder auch nicht. Hanspeter Thurnherr hat schon verstanden - und ganz besonders gefreut hat mich der Aufmacher in der Zeitung - ja ich glaube, es war sogar auf der Frontseite, in dem er mich als Widerständler bezeichnete. Ich fühle mich ertappt - und freue mich, dass wir seinen Artikel mit der Erlaubnis des Werdenberger & Obertoggenburgers bei uns im Gartenbrief und im Magazin veröffentlichen dürfen.
Markus Kobelt
«Der erste verbotene Apfel seit Adam und Eva», preist Markus Kobelt, Inhaber der Produktionsgärtnerei Lubera AG in Buchs mit der Tochterfirma Lubera GmbH im niedersächsischen Bad Zwischenahn, einen seiner neuesten Zuchterfolge an. Die Geschichte dahinter handelt von Bürokratiemonstern, rebellischem Widerstand und werbetechnischem Erfolg.
Doch der Reihe nach. In der Europäischen Union (EU) gilt seit 1. Januar eine neue Regelung: Alle neuen Sorten, welche die Züchter in der Union vertreiben möchten, müssen durch die Zulassungsbehörde wissenschaftlich(?) beschrieben werden und auf die offizielle Liste übernommen werden. Kostenpunkt zwischen 3000 und 5000 Euro. «Die Schweiz hat diese Regelung noch nicht übernommen, aber das wird sicher noch kommen», glaubt Kobelt.
In erster Linie für den Hausgarten
In der Regel begnügt sich Lubera damit, nur den Namen zu schützen (Markenschutz). «Doch die neue Regelung zwingt uns faktisch zum Sortenschutz. Das behindert aber die Innovation, weil es die Züchtung verteuert», bringt es Markus Kobelt auf den Punkt. Zudem sieht er nicht ein, warum es diese neue bürokratische Regelung überhaupt braucht. Für ihn ist es nur ein weiteres Bürokratiemonster.
Lubera züchtet für den Hausgarten und nicht primär für den Erwerbsanbau. Darum sind auch die Zuchtziele anders. Markus Kobelt: «Wir wollen resistentere, robustere, besserschmeckende und einfacher zu kultivierende Sorten erhalten, die im besten Fall auch ?anders? sind.»Eine solche Züchtung ist der «verbotene Apfel». Er ist eine Kreuzung aus den zwei Sorten «Pink Lady» und «Resi». Die «Pink Lady» ist eine Sorte, die bei uns klimabedingt nicht reif wird und deshalb zumeist im Südtirol angebaut wird. Die «Resi» ist eine schorfresistente ostdeutsche Sorte.
Ein Protestapfel gegen die EU-Bürokratie
Im Verlaufe des Züchtungsvorganges fiel den Züchtern die leuchtend gelbe Grundfarbe schon beim unreifen Apfel auf. Ein Drittel bis zur Hälfte des Apfels hat zudem die Deckfarbe rot. «Vom äusseren her könnte er zur Assoziation ?Verbotener Apfel? passen», befand Markus Kobelt. So wurde diese Züchtung zum ?Protestapfel? im Kampf gegen die EU-Bürokraten in Berlin. «Er ist nicht registriert, wir machen keinen Markenschutz, keinen Sortenschutz für ihn, und wir geben jedem Interessierten die Möglichkeit, ihn frei zu vermehren und zu verkaufen. Er ist frei, so frei, wie wir auch sein möchten», erzählt Kobelt.
An der Internationalen Pflanzenmesse IPM in Essen jedenfalls erregte die Züchtung und die Geschichte dahinter grosses Aufsehen - und einen durchschlagenden Erfolg: Der Verbotene Apfel ist ausverkauft, im Herbst wird es von diesem Nischenprodukt wieder Nachschub geben.
Hanspeter Thurnherr
hanspeter.thurnherr@wundo.ch
Redaktor
Werdenberger & Obertoggenburger
Lokal, Seite 99
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