Nicht jeder heisse Scheiss aus den USA ist unbedingt blöd. Manche Ideen aus Amerika sind sogar richtig gut. Die Micro Greens zum Beispiel, der neue Food- und Balkontrend von ennet des Atlantiks, haben es mir richtig angetan. Micro Greens lassen sich nämlich schon jetzt, Anfang März, auf dem Fenstersims ziehen. Und sobald es wärmer wird, gedeihen sie auch draussen auf dem Balkon in Kistchen und kleinen Töpfen. Und das geht so: Die Samen aller möglichen essbaren Pflanzen in kleine Gefässe mit Aussaat- oder magerer Kräutrerde gestreut.
Schau Dir hier das Video über schnell wachsendes Gemüse an:
Nach einigen Wochen, sobald sie ein paar Blättchen gebildet haben, kann geerntet werden. Diese jungen Mikropflänzchen enthalten besonders viele Vitamine. Sie schmecken frisch und zart. Und vor allem sind sie in der Kultur äusserst anspruchslos, da sie ja nicht älter als vielleicht sechs oder sieben Wochen werden sollen. Bei manchen Gewächsen kann mit etwas Glück sogar mehrmals geerntet werden, so wie wir das von den Schnittsalaten gewohnt sind.
Nun kommt mir dieser neue Trend doppelt entgegen, da ich zu Beginn der Saison jeweils dabei bin, das Saatgut vom letzten Jahr auszumisten. Da liegen noch etliche angebrochene Päckchen mit verschiedenen Kohlarten, mit Erbsen, Kefen, aber auch Karotten herum. Praktisch alles, was als Gemüse taugt, lässt sich auch als Micro Greens verwenden – ausgenommen natürlich die Tomaten, deren Laub bekanntlich giftig ist. Aber unter uns gesagt, die würden auch gar nicht schmecken.
Wenn ihr nicht sicher seid, ob man etwas essen kann, dann probiert ein ganz klein wenig davon. Ihr werdet es schon merken. Ungeniessbare Pflanzen schmecken im Allgemeinen äusserst unangenehm. Und ausserdem könnt ihr diesbezüglich die Viecher beobachten. Also ein Gewächs, das zum Beispiel die Schnecken nicht fressen, das betrachte ich jeweils in kulinarischer Hinsicht auch eher skeptisch.
Sehr lecker und erfrischend schmecken junge Erbsenpflänzchen, Karotten- und Pastinakenblättchen. Natürlich sind auch junge Krautstiele und Randen ein Genuss; die kennen wir ja bereits aus bunten Schnittsalatmischungen.
Nicht zu verachten sind junge Zucchini- und Kürbisblätter. Und frische Sonnenblumenkeimlinge mit wenigen Blättchen sind ebenfalls eine Delikatesse. Auch die pfeffrig erfrischenden Kapuzinerblättchen sind ein Hit. Und nun geht mal nachschauen, was ihr noch alles an essbarem Saatgut in eurem Fundus übrig habt!
Übrigens, für diejenigen unter euch, die immer noch glauben, sie hätten keinen grünen Daumen: Also dieses Mikrogemüse ist natürlich ideal als Einstieg. Damit könnt ihr schon mal etwas üben und erste Erfahrungen sammeln und Selbstvertrauen gewinnen, und wenn dann der Frühling kommt und die Saison richtig losgeht, seid ihr voll dabei.
Ja, und falls ihr plötzlich zu viele Micro Leaves haben solltet: Sie lassen sich auch zu Kräutersalzen und Pesto verarbeiten. Das sind dann wirklich exklusive Delikatessen, die man garantiert in keinem Laden kaufen kann! Also, ab an die Fensterbänke, die Gartensaison kann jetzt schon losgehen!
Sabine Reber
Buchtipp:
Alles über Micro Greens und fantastische Rezepte dazu gibt’s im soeben bei AT in Aarau erschienenen Bildband: “Micro Greens, Micro Leaves, Grüne Power aus dem Küchengarten“, von Manuela Rüthe. Vom begrünten Frühstücksmüesli über gesunde und auch währschafte Rezepte bis hin zu blättrigen Dessert reicht das Spektrum. Wirklich inspirierend!
Obiges Bild stammt von Peggy Greb – http://www.ars.usda.gov/is/graphics/photos/jan14/d3089-2.htm, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30766875